Das Land fördert Neubauten zur Kinderbetreuung Foto: dpa

Stuttgart hat wegen eines „Bearbeitungsstaus“ Zuschussanträge für drei neue Kindertagesstätten nicht rechtzeitig gestellt und muss deshalb auf 206 000 Euro verzichten.

Stuttgart - Fast hätte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) den Punkt im Gemeinderat durchgewinkt. „Bericht zum Jahresabschluss 2012“ stand auf der Tagesordnung. Das hört sich staubtrocken an. Also keine Debatte, rasch abstimmen. Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) bremste den OB. Zum Jahresabschluss gehört immer auch der Bericht der Rechnungsprüfer, den Amtsleiter Manfred Blumenschein liefert. Die 105 Seiten sind keineswegs staubtrocken.

Rund 9,1 Millionen Euro, die durch Verwaltungshandeln (oder Nichthandeln) versickert oder sinnlos verpulvert worden wären, konnten die Prüfer in der Stadtkasse halten. Damit lassen sich schon mal zwei Schulen sanieren. „Nicht eingeschlossen ist dabei der Wert unserer Beratungen“, sagte Blumenschein am Donnerstag vor den Stadträten.

Doch nicht immer können die Prüfer das Schlimmste verhindern. Manchmal bleibt ihnen nur, Unzulänglichkeiten fest- und nach Möglichkeit abzustellen. Zum Beispiel beim Sozialamt. Das hatte Erstattungsansprüche für die Betreuung minderjähriger Flüchtlinge zu spät gestellt. 45 000 Euro sind verjährt und damit verloren.

Noch höher summieren sich die Verluste bei Förderanträgen für neue Kinderbetreuungsplätze. Weil es einen „Bearbeitungsstau“ und damit keine und zwei verspätete Zuschussanträge gegeben habe, konnte sicheres Geld des Landes für drei Neubauten in Höhe von 206 000 Euro nicht eingenommen werden. Die Kinderzahlen, die für den Finanzausgleich – eine Einnahmequelle der Stadt – nötig sind, werden zwischen Jugendamt und Stadtkämmerei nicht abgeglichen, was aber nötig wäre, damit „die finanziellen Zuweisungen voll ausgeschöpft werden können“.

Mängel sehen die Prüfer auch im Tiefbauamt. Seit Oktober 2010 ist der Parkplatz vor dem Nordausgang des Hauptbahnhofs Baufläche. Der Pachtausfall für die städtische Fläche beträgt jährlich mindestens 700 000 Euro. Welches Entschädigungsverfahren angewandt werden soll, ist bis heute nicht geklärt, eine Vereinbarung mit der Bahn nicht geschlossen. Weil die Rechnungsprüfer drängten, gab es im Dezember 2012 und am 25. September 2013 wenigstens Abschlagszahlungen von insgesamt 3,1 Millionen Euro. Der Vorgang werde „weiter verfolgt“, schreiben die Prüfer.

Eine immerwährende Quelle strittiger Fälle sind Bauvergaben der Stadt. 2012 vergab die Stadt Aufträge für 145 Millionen Euro, 82 Millionen davon nach öffentlicher Ausschreibung. Ohne das Eingreifen der Prüfer wären 2,1 Millionen Euro mehr aus der Stadtkasse geflossen. Für eine Kanalerneuerung in der Krefelder Straße in Bad Cannstatt hatte das Bauunternehmen mehr als 100 Nachträge, also Änderungen zur Ursprungsplanung, ausgewiesen. Dafür wollte es 1,46 Millionen Euro zusätzlich haben. Die Prüfer konnten um 332 000 Euro kürzen.

Zu spät kamen die Prüfer im Schulverwaltungsamt. Es scheute einen Rechtsstreit gegen den Generalübernehmer für den Bau der Beruflichen Schulen für Gesundheit und Pflege sowie Ernährung und Sozialwesen. Die Prüfer rieten zur juristischen Auseinandersetzung, das Amt folgte aber der Meinung einer Kanzlei und des Rechtsamts und zahlte 75 300 Euro. Beim gleichen Bauvorhaben konnten zuvor nach der Intervention der Prüfer Forderungen von 103 000 Euro zurückgewiesen werden. Die zusätzlich deklarierten Leistungen waren nämlich bereits durch den Generalübernehmervertrag abgegolten.

Nicht immer erhalten die Mitarbeiter von Manfred Blumenschein den Einblick, den sie gerne hätten. So geschehen bei der Stadion Neckarpark GmbH & Co. KG. Sie wurde zum Umbau des Daimlerstadions in die Mercedes-Arena gegründet und hat einen Erbbaurechtsvertrag mit der Stadt geschlossen. Nach drei Jahren, so hatte es der Gemeinderat beschlossen, sei der Erbbauzins entsprechend dem Verbraucherpreisindex anzupassen.

Das geschah aber weder 2012 noch 2013, weil der Gemeinderatsbeschluss nur stark modifiziert übernommen wurde. Der Verbraucherpreisindex im Land müsste demnach jährlich mehr als drei Prozent Steigerung ausweisen. Von 2009 bis 2012 waren es insgesamt fünf Prozent.

Weitere Unregelmäßigkeiten beim Stadionbau: Bis heute hat die Stadt ihre Bürgschaftsgebühr (130 000 Euro) nicht erhalten. Und bei der Scharrena, der Sporthalle unter der Untertürkheimer Geraden, wurde den Prüfern trotzt Mehrausgaben von 16,5 Prozent kein Prüfrecht eingeräumt, weil es sich um eine externe GmbH handelt.