Der IT-Dienstleister der Sparkassen, die Finanz Informatik, verfolgt Pläne, sechs von neun Standorten zu schlie­ßen. Betroffen ist auch das Rechenzentrum in Fellbach. Die 500 Mitarbeiter sind wütend und wollen sich wehren. Foto: dpa

Mitarbeiter am Standort Fellbach fühlen sich verraten – 500 Stellen sollen abgebaut werden.

Stuttgart - Die Zukunft des Sparkassen-Rechenzentrums in Fellbach entscheidet sich in Frankfurt. Dort am Sitz des IT-Dienstleisters Finanz Informatik (FI), zu dem der Standort Fellbach gehört, findet am 24. Mai die entscheidende Aufsichtsratssitzung statt.

Die Mitarbeiter wollen alle Hebel in Bewegung setzen, um das, was sich abzeichnet, zu verhindern. Die FI beschäftigt 4600 Mitarbeiter. Nach Plänen der Geschäftsleitung, die im Unternehmen kursieren, soll die Stellenzahl auf 3000 verringert werden. Von neun Standorten sollen drei übrig bleiben: Frankfurt, Hannover und Münster.

In Fellbach sind die Mitarbeiter entsetzt. „Wir sind das kostengünstigste Rechenzentrum des Unternehmens“, sagt Frank Biela, Konzernbetriebsratsvorsitzender der FI und Betriebsratschef in Fellbach. Nun gebe es Überlegungen, wonach der Standort Fellbach einem Neubau in Hannover weichen muss.

Ein Wechsel dürfte für viele kaum in Frage kommen

Vorgesehen ist den Plänen zufolge, den Mitarbeitern der von Schließung betroffenen Standorten einen Arbeitsplatz in Münster oder Hannover anzubieten. In Frankfurt werden keine IT-Dienstleistungen produziert, dort sitzt die Verwaltung.

Schon angesichts des Alters vieler Beschäftigter dürfte ein Wechsel für viele kaum in Betracht kommen. „Im Schnitt sind die Mitarbeiter in Fellbach über 48 Jahre, in der Finanz Informatik insgesamt sieht es nicht viel besser aus“, sagt Biela. Die Unruhe führe bereits dazu, dass junge Mitarbeiter unter 30 das Unternehmen verlassen. Und die Mittfünfziger befürchteten, auf dem Arbeitsmarkt keine neue Stelle zu finden. „Viele haben Angst, nach kurzer Zeit in Hartz IV zu fallen“, sagt der Betriebsratschef. Es sei ein „absolut schäbiges Verhalten, ohne Not den Standort zu schließen und die Mitarbeiter rauszudrängen“.

Durch Fusion schon bisher 1,6 Milliarden Euro gespart

Das Unternehmen ist nach Angaben der Arbeitnehmer und Gewerkschaftsvertreter voll ausgelastet und arbeitet wirtschaftlich. Vor wenigen Monaten erst rechnete Aufsichtsratschef Rolf Gerlach vor, dass die Sparkassen durch die Fusion der Rechenzentren schon bisher 1,6 Milliarden Euro gespart haben. Mit den neuen Plänen will das Unternehmen weitere Kosten in Höhe von 100 Millionen Euro jährlich einsparen.

Die Arbeitnehmervertreter bezweifeln das. Den Einsparungen stünden nach internen Plänen zunächst Kosten von 200 Millionen Euro für die Umsetzung der Standortschließungen und weitere 350 Millionen Euro für den Neubau in Hannover und den Umzug der Mitarbeiter gegenüber. Fraglich sei obendrein, ob sich so ein Stellenabbau ohne Risiken für die tägliche Arbeit umsetzen ließe. Bei vielen Kollegen fiele eine große Zahl an Überstunden an, in etlichen Bereichen herrsche sogar Personalnot. Zudem arbeite die FI mit einer hohen Zahl an externen Mitarbeitern.

Mitarbeiter auf die Gesellschaften auslagern

Bitter für die Fellbacher FI-Mitarbeiter: Möglicherweise bleibt der Standort erhalten – allerdings ohne sie. Nach Informationen unserer Zeitung gibt es Überlegungen, Fellbach für zwei Tochterunternehmen der FI zu nutzen. Die Produktionsgesellschaft FI TS und die Entwicklungsgesellschaft FI SP könnten sich am Standort niederlassen. Im Gespräch ist, dass die Landesbank Baden-Württemberg Teile ihrer IT samt dazugehörigen Mitarbeitern auf die Gesellschaften auslagert. Die LBBW-Mitarbeiter würden quasi die FI-Leute verdrängen. Die Entscheidung darüber steht dem Vernehmen nach im Sommer an.

Bei der FI will man nur so viel bestätigen, dass sich gegenwärtig ein „Projektbeirat mit der Erarbeitung von Vorschlägen für eine Optimierung der Strukturen des Unternehmens beschäftigt“. Die Geschäftsführung habe den Vorschlag, das Sparkassengeschäft künftig an drei Standorten zu bündeln, eingebracht. Ziel sei, die Finanz Informatik noch schneller, besser und kostengünstiger zu machen. Der Abbau von Arbeitsplätzen stehe nicht im Vordergrund.

FI-Mitarbeiter in Fellbach fühlen sich verraten

Das bezweifeln die Mitarbeiter. Enttäuscht zeigen sie sich in Fellbach von Sparkassenpräsident Peter Schneider. Von ihm hätten sie mehr Unterstützung erwartet. Bisher hat sich Schneider nicht öffentlich zu den Plänen geäußert. Im Umfeld des Sparkassenverbands hofft man, dass Fellbach durch die Ansiedlung der FI-Töchter zum Kompetenzzentrum IT-Dienstleistungen für das Geschäft mit Verbundunternehmen wie Landesbanken, Versicherungen oder Landesbausparkassen wird. Darin würden strategisch größere Chancen für Fellbach liegen.

Angesichts solcher Überlegungen fühlen sich die FI-Mitarbeiter in Fellbach verraten. „Dass der Standort Fellbach bestehen bleibt und mit anderen Mitarbeitern gefüllt wird, kann uns nicht zufriedenstellen“, sagt Biela. Man habe sich zehn Jahre den Hintern aufgerissen, Tausende von Überstunden verfallen lassen, Ziele übererfüllt und bekomme nun einen Tritt in den Hintern, berichtet Biela von der Enttäuschung vieler Kollegen bis hin zu Führungskräften.

Die Arbeitnehmer haben zusammen mit Verdi ein Alternativkonzept entwickelt. „Wir sehen die Notwendigkeit, Aufgaben zu bündeln“, sagt Gerald Herrmann, der für Verdi im Aufsichtsrat der FI sitzt. „Es geht jetzt um das Wie.“ Der Umbau müsse sozialverträglich gestaltet werden. Das heißt vor allem, die Pläne zeitlich zu strecken, also mehr Zeit für den Arbeitsplatzabbau einzuplanen.

Über Altersteilzeit, freiwillige Ausstiegsmodelle, Anreize für den Wechsel an einen anderen Standort und Ähnliches ließe sich nach Einschätzung der Arbeitnehmervertreter die Härte der Entscheidungen abfedern. Im Aufsichtsrat, wo die Entscheidung fällt, sind die Arbeitnehmervertreter in der Minderheit. Bisher haben sich die Gesellschafter nicht überzeugen lassen. „Ich bin nicht sehr optimistisch, dass sich das ändert“, sagt Herrmann. Dann stehen die Zeichen auf Streik.