Auch der frühere Göppinger Landrat Franz Weber (vierter von links) hat sich für Rechberghausen engagiert und die Lebensläufe mehrerer Rechberghäuser Bürgermeister recherchiert und in einem Aufsatz dargelegt. Foto: Horst Rudel

Gut 70 Jahre nach Kriegsende erinnern sich die Menschen in Rechberghausen an die Stunde Null. Viele haben interessante Erinnerungsstücke zu einer Ausstellung beigesteuert.

Rechberghausen - Zur Jahreswende erinnert der Verein Kulturmühle Rechberghausen mit einer Ausstellung an den Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg in der Schurwaldkommune. 70 Jahre liegt diese sogenannte Stunde Null zurück, die auch in Rechberghausen nicht postwendend bessere Zeiten bescherte. In einer schlaglichtartigen Schau wird an Einquartierung, Ausgangssperre, Lebensmittelknappheit und andere Widrigkeiten erinnert, mit denen die Bürger nach dem Kriegsende im April 1945 zurechtkommen mussten.

Häuser brannten, Menschen starben

Bei ihrem Einmarsch hatten die Amerikaner sechs Menschen im Ort getötet, einige Häuser in Brand geschossen, von denen zwei ganz zerstört wurden, außerdem wurden mehrere Ställe und Scheunen vernichtet, berichtete Wolfram Haderthauer, der Ortsarchivar von Rechberghausen bei der Eröffnung der Schau. Gezeigt werden Fotos, amtliche Dokumente und Alltagsgegenstände. Außerdem werden die Schicksale eines abgeschossenen deutschen Piloten, eines französischen Zwangs- sowie eines ukrainischen Landarbeiters dargestellt.

Fast alle Ausstellungsstücke stammen aus privatem Besitz, und es gehört zum Konzept der inzwischen siebten Begegnungsausstellung der Kulturmühle, die Besucher nicht nur bei Führungen zu informieren, sondern auch auf die Schau abgestimmte Gesprächsrunden anzubieten.

Von Ulmbach in den Schurwald ausgewandert

Auch Elfriede Beck hat aus ihrem Besitz viele Stücke beigesteuert. Beck pflegt gemeinsam mit anderen deutschstämmigen Familien, die aus dem Banatdorf Ulmbach im heutigen Rumänien stammen, in der neuen Heimat in Rechberghausen das Andenken an die alten Traditionen. Auf der Flucht vor dem sowjetischen und später sozialistischen Terror sind viele Ulmbacher von 1949 bis in die 80er Jahre nach Rechberghausen ausgewandert. „Noch bis in die 70er Jahre mussten Deutschstämmige in Rumänien Zwangsarbeit leisten“ begründet Beck den Willen vieler Ulmbacher, das Land zu verlassen.Die Keramikgefäße, Sticktücher und landwirtschaftlichen Geräte erinnern an das Leben der Menschen, deren Vorfahren vor mehr als 200 Jahren unter dem Sammelbegriff „Donauschwaben“ beispielsweise mit den als Ulmer Schachteln bekannten Schiffen in den Vielvölkerregionen Südosteuropas deutsche Dörfer gegründet hatten.

Wie viele Heimatvertriebene aus welchen Regionen insgesamt in Rechberghausen nach dem Krieg eintrafen, dokumentiert die Schau nicht. Ein zeitgenössisches Foto erinnert immerhin daran, dass der Schafstall in der Degenfeldstraße als Flüchtlingsunterkunft diente. Beleuchtet wird auch die Entstehung der Sonnenbergsiedlung von 1950 an, die neuen Wohnraum in der Gemeinde bieten sollte.

Auch damals war Wohnraum knapp

Gleich nach dem Kriegsende sei Wohnraum besonders knapp gewesen, auch weil von April bis Dezember 1945 amerikanische Kampftruppen in 21 privaten Häusern und öffentlichen Gebäuden einquartiert worden seien, erläuterte Haderthauer. Auch die Schule war belegt und wurde später als amerikanische Ausbildungsstelle für Unteroffiziere benutzt. Die öffentlichen Bekanntmachungen, Urkunden und Belege, aus denen Haderthauer zitierte, beleuchten auch das Thema Schulspeisung. Diese wurde damals eingeführt, um Kindern und Jugendlichen zumindest eine warme Mahlzeit pro Tag zu sichern.