VW ist auch in die Tierversuche mit Stickstoffdioxid verstrickt. Foto: dpa

Tier- und Menschenversuche: Was geplant war, um das Diesel-Image zu verbessern, versetzt den Autobauern um Daimler und VW einen schweren Schlag. Politiker und Umweltschützer sind empört.

Wolfsburg/Hannover - „Diese Tests an Affen oder sogar Menschen sind ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Für VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch sind die Versuche „in keinster Weise nachvollziehbar“, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil forderte umfassende Aufklärung, Betriebsratschef Bernd Osterloh verlangte personelle Konsequenzen.

VW-Aufsichtsrat distanziert sich

Zuvor war der Verdacht aufgekommen, dass es im Abgasskandal Schadstofftests nicht nur mit Affen, sondern auch mit Menschen gegeben haben soll. Dies geht aus einem Report des Lobby-Instituts EUGT hervor, über den die Stuttgarter Zeitung und die Süddeutsche Zeitung berichteten.

„Im Namen des gesamten Aufsichtsrates distanziere ich mich mit allem Nachdruck von derlei Praktiken“, sagte Pötsch. Die Vorgänge müssten „vorbehaltlos und vollständig aufgeklärt werden“. Er kündigte an, dass sich der Aufsichtsrat bald mit dem Thema beschäftigen werde. „Wer auch immer dafür Verantwortung zu tragen hat, ist selbstverständlich zur Rechenschaft zu ziehen.“

„Absurd und widerlich“

Stephan Weil bezeichnete die Versuche als „absurd und widerlich“ – dies gelte erst recht, wenn es zu Versuchen an Menschen gekommen sein sollte. Auch Betriebsratschef Osterloh erklärte, ethisch-moralische Grenzen seien überschritten worden.

Seibert erklärte, die Autokonzerne hätten Schadstoffemissionen zu begrenzen und Grenzwerte einzuhalten – und nicht die vermeintliche Unschädlichkeit von Abgasen zu beweisen. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte: „Es gibt klare ethische Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen.“

Maßgeblich sei der Zweck solcher Testreihen – gehe es darum, die Belastung am Arbeitsplatz zu testen, lasse sich das vertreten, erklärte Weil. Dienten die Testreihen aber Marketing und Verkaufsförderung, „fällt mir keine auch nur von ferne akzeptable Begründung für ein solches Vorgehen ein“. Er als Aufsichtsrat habe nichts von den Vorgängen gewusst. Niedersachsen ist VW-Großaktionär.

Deutsche Umwelthilfe: „Fake-Forschung“

„Weder Mensch noch Tier dürfen für solche sinnlosen Versuche herhalten. Es ist unfassbar, dass Lebewesen missbraucht werden, um diese Umweltsünder auf vier Rädern, die Mensch und Umwelt massiv schädigen, auf die Straße zu bringen“, sagte Marius Tünte, Sprecher des Deutschen Tierschutzbundes. Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, warf dem EUGT-Institut „Fake-Forschung“ vor.

Christina Deckwirth von LobbyControl kommentierte: „Das erinnert an die Fake-Science-Methoden der Tabak- oder Lebensmittelindustrie: Wissenschaftler finanzieren, um die gesundheitlichen Schäden ihrer Produkte zu bagatellisieren und schärfere Gesetze abzuwenden.“

Die Bundesregierung müsse ihren „Kuschelkurs“ mit der Autoindustrie beenden. Sie kritisierte, der EUGT-Forschungsbeiratsvorsitzende Helmut Greim sei als Sachverständiger zum Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Abgasaffäre geladen worden.