Viele Kommunen bieten nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria ihre Hilfe an. Foto: AFP/MANOLIS LAGOUTARIS

Moria brennt – und die Diskussion darüber, was das für die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik bedeutet, ist damit ebenfalls wieder entflammt. Wie soll es für die Menschen dort weitergehen?

Athen/Berlin - Nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria sind Stimmen nach einer Evakuierung des Lagers und der Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland und anderen EU-Staaten laut geworden. Insbesondere aus den Bundesländern kommen solche Forderungen – etliche Kommunen hatten schon die Aufnahme von Flüchtlingen angeboten. Jetzt hat auch SPD-Chefin Saskia Esken angemahnt, den Weg dafür frei zu machen.

Bundespolitik

Außenminister Heiko Maas (SPD) schrieb auf Twitter von einer „humanitären Katastrophe“: „Mit der EU-Kommission und anderen hilfsbereiten EU-Mitgliedstaaten müssen wir schnellstens klären, wie wir Griechenland unterstützen können. Dazu gehört auch die Verteilung von Geflüchteten unter Aufnahmewilligen in der EU.“

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken forderte, die Bundesregierung müsse nun den Weg für eine Aufnahme der Geflüchteten von Moria in den Kommunen freimachen. „Wir müssen umgehend Hilfe vor Ort leisten und die Menschen, darunter viele Familien und Kinder, da rausholen“, schrieb sie auf Twitter.

Die CDU sprach sich gegen eine nationale Hilfsaktion für die Menschen in Moria aus. „Die neueste Entwicklung auf Lesbos macht deutlich, wie dringend eine europäische Antwort auf die Flüchtlingsentwicklung ist“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, am Mittwoch.

Eine Evakuierung aller griechischen Lager forderte Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte sie: „Deutschland muss handeln - nicht erst seit heute, sondern schon seit Jahren. Aber die Bundesregierung bremst Hilfe aus, wo sie nur kann.“

Die AfD forderte, die Asylverfahren der Menschen in Moria möglichst schnell abzuschließen und diejenigen, die keinen Anspruch auf Schutz haben, in ihre Heimatländer zurückzubringen. „Das sind immer noch die Folgen der falschen Anreize, die Frau Merkel 2015 gesetzt hat“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, am Mittwoch in Berlin.

Landespolitik

Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) hat die sofortige Aufnahme von 1000 Geflüchteten in Deutschland gefordert. Davon könnten nach dem Königsteiner Schlüssel 50 in Rheinland-Pfalz untergebracht werden. Sie erwarte entsprechende Signale von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), sagte Spiegel am Mittwoch.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte: „Ich fordere die Bundesregierung und die europäischen Staaten auf, das Lager aufzulösen und die Menschen über die EU zu verteilen, damit sie dann in Europa ihr Asylverfahren durchlaufen können.“

Der nordrhein-westfälische Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) forderte eine rasche Reaktion von Bund und EU. „Es ist erbärmlich, dass die EU so lange zugeschaut hat, bis es in Moria zu dieser Eskalation gekommen ist“, sagte er.

Europapolitik

Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat die Aufnahme von 400 unbegleiteten Minderjährigen aus dem Lager versprochen. Sie sei in Kontakt mit dem griechischen Minister und den lokalen Behörden, schrieb die Schwedin am Mittwoch auf Twitter. Dabei habe sie zugestimmt, den unverzüglichen Transfer und die Unterbringung der verbleibenden 400 unbegleiteten Kinder und Jugendlichen aufs Festland zu finanzieren. „Die Sicherheit und der Schutz aller Menschen in Moria hat Priorität.“

Zivilgesellschaft

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat Bundesregierung und EU für den Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria verantwortlich gemacht. „Die Katastrophe von Moria ist eine Folge der skandalösen und menschenverachtenden deutschen und europäischen Politik“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt am Mittwoch in Berlin. In dem Lager seien Tausende Menschen „psychisch zermürbt“ worden.

Amnesty International und weitere Organisationen forderten eine rasche Evakuierung des Lagers und eine Umverteilung der Bewohner in andere europäische Staaten. „Nur durch eine angemessene Unterbringung, den Zugang zu medizinischer Versorgung sowie zu einem fairen Asylverfahren können endlich Menschenrechte eingehalten werden“, hieß es von Amnesty.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat mit „Trauer und Entsetzen“ auf die Bilder vom brennenden Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos reagiert. „Das Ausmaß des Brandes lässt Schlimmes befürchten. Noch ist unklar, ob Menschen zu Tode gekommen sind. Meine Befürchtungen sind groß. Und meine Gebete intensiv“, sagte er.