Miguel Pablo gehört zu den größeren deutschen Internetpromis. (Symbolbild) Foto: dpa/Monika Skolimowska

Der deutsche Youtuber Miguel Pablo verkündet, sein Outing als Homosexueller im vergangenen Jahr sei nicht echt, sondern ein Experiment gewesen. Der 22-jährige Nils Raddatz aus Stuttgart ist queer und verurteilt die Aktion scharf.

Stuttgart - „Mein Outing war fake“, nennt der deutsche Youtuber Miguel Pablo eines seiner neusten Videos und erntet im Netz eine gewaltige Menge an Reaktionen von Verärgerung bis Enttäuschung. Was war passiert? Pablo ist Anfang 20 Jahre alt, hat mehr als 750000 Abonnenten auf Youtube und gehört damit zu den größeren Influencern der deutschen Internetpromi-Szene. Am 4. Dezember vergangenen Jahres veröffentlichte er ein Video, in dem er angab, homosexuell zu sein und einen Freund zu haben. Das Video erreichte weit mehr als eine Millionen Menschen und löste eine Welle der Solidarität im Netz aus. Vor wenigen Tagen, etwa anderthalb Monate später, behauptet er: „Wir haben versucht, ein Experiment daraus zu machen.“ Das Outing sei nicht echt gewesen.

„Ich finde das sehr daneben. Das geht gar nicht“, sagt Nils Raddatz, Teil des Leitungsteams der Königskinder in Stuttgart. „Unabhängig warum.“ Die Königskinder sind eine Gruppe für schwule, bi, trans und queere Jugendliche, die sich regelmäßig im Weissenburg-Zentrum treffen. Das Weissenburg-Zentrum gilt in der Landeshauptstadt als beliebter Treffpunkt unter anderem für schwule, lesbische und bisexuelle Menschen.

Massive Kritik im Netz

Raddatz ist nicht der Einzige, der Pablos Verhalten massiv kritisiert. Das „Mein Outing war Fake“-Video steht am Mittwoch bei knapp einer Millionen Aufrufe, etwa 15500 Likes und mehr als 200000 Dislikes. Der Youtuber Leeroy will’s wissen kommentierte: „Das enttäuscht mich gerade dermaßen...“ Das Video sei ein Schlag ins Gesicht eines jeden Homosexuellen.

„So etwas verharmlost die Diskriminierung homosexueller Menschen“, sagt auch Raddatz. Der 22-Jährige ist ab und an auf Youtube unterwegs, identifiziert sich als queer und hat sich vor wenigen Jahren selbst geoutet. Er sei damals etwa 20 Jahre alt gewesen und habe vor seiner öffentlichen Entscheidung eine schwere, lange Zeit durchgemacht. Diese Prozesse, die viele homosexuelle Jugendliche durchlaufen, würden wegen Aktionen wie der von Pablo „ins Lächerliche gezogen“ werden.

Coming Out als Experiment?

Der Youtuber bezeichnet sein vermeintliches Coming Out aus der Retroperspektive als Experiment, mit dem er hätte zeigen wollen, wie schwulenfeindlich weite Teile der Gesellschaft seien. „Diese Begründung, selbst wenn sie ehrlich wäre, würde ich nicht gelten lassen“, sagt Raddatz. „Ich weiß nicht, was da rumexperimentiert werden müsste.“ Die Reaktionen im Netz auf vollzogene Outings von bekannten Persönlichkeiten hinterließen bereits genug Eindrücke.

Aus unserem Plus-Angebot: Coming Out einer 18-Jährigen – „Ich habe denen dann halt gesagt: Ich lebe jetzt als Transgender.“

Generell sei es nämlich „super wichtig“, wenn Menschen mit großer Reichweite offen zu ihrer nicht-heterosexuellen Sexualität stehen würden. „Das zeigt, dass Homosexualität das Normalste der Welt ist.“ Wegen dieser Öffentlichkeit würden auch andere Menschen in vielen Fällen Kraft für ihr Coming Out schöpfen.

Negative Aufmerksamkeit ist auch Aufmerksamkeit

Die Motivation hinter Pablos Fake-Aktion soll laut zahlreichen Internetnutzern und Youtube-Größen einen gänzlich anderen Hintergrund haben. Gerade im Dezember, wenn viele Firmen für ihre Produkte werben wollen, sind die Einnahmen für Youtube-Videos besonders hoch. Ein lukratives Geschäft und die Möglichkeit, auch mit negativer Aufmerksamkeit, immerhin Aufmerksamkeit zu generieren, vermuten viele als wirklichen Grund hinter Pablos Aktion.

Eine Einschätzung des homosexuellen Youtubers Tommy Toalingling sehen Sie in diesem Video:

Miguel Pablo war bereits in der Vergangenheit mit einigen Kontroversen aufgefallen. 2017 gab er bekannt, wegen intensiven Drogenkonsums unter einer Psychose zu leiden. Mittlerweile sei er gesundheitlich wieder stabil.