Claudia Martin hat sich aus der AfD-Partei und -Fraktion verabschiedet Foto: dpa

Die aus der AfD ausgetretene Abgeordnete Claudia Martin wirft ihrer ehemaligen Fraktion einen Rechtsruck vor. Wie der Fraktionsvorsitzende Jörg Meuthen damit umgeht, ist alles andere als souverän, kommentiert unser landespolitischer Autor Nils Mayer.

Stuttgart - Die AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag ist und bleibt ein unberechenbarer Haufen. Nach dem Streit um die antisemitischen Schriften des Abgeordneten Wolfgang Gedeon, der daraus resultierenden Spaltung der Fraktion im Sommer und der Auseinandersetzung zwischen den Kollegen Stefan Räpple und Stefan Herre nach einem Ordnungsruf gegen Räpple in einer Parlamentsdebatte im November folgt jetzt das nächste Kapitel der vielen AfD-Eklats: Die Abgeordnete Claudia Martin zieht – perfekt vorbereitet – die Reißleine.

Die Erzieherin aus dem Wahlkreis Wiesloch wirft ihren bisherigen Kollegen vor, in der Flüchtlingspolitik populistisch zu agieren und sich nicht von rechtsextremistischem Gedankengut abzugrenzen. Dass sie deshalb aus der Partei und der Fraktion austritt, ist nur konsequent.

Dünnhäutige Reaktion von Meuthen

Statt die inhaltlichen Vorwürfen zu entkräften, wettert der Fraktionschef Jörg Meuthen, dass Martin mit der parlamentarischen Arbeit schlicht überfordert gewesen sei und ein „falsches Spiel“ gespielt habe. Eine derart dünnhäutige Reaktion zeugt von fehlender Souveränität und davon, dass Meuthen seit der Wiedervereinigung der Fraktion ein Getriebener seiner eigenen Machtbesessenheit ist. Um sich weiter an den Fraktionsvorsitz klammern zu können, lässt er die radikalen Kräfte in seinen Reihen gewähren. Das ist brandgefährlich. Für ihn. Und vor allem für die ob der Flüchtlingspolitik ohnehin angespannte Stimmung im Land.

Ein erster Vorgeschmack, was dabei inhaltlich herauskommen kann, ist das Arbeitspapier mit Lösungen zur Flüchtlingskrise, das an den antisemitischen Madagaskar-Plan der Nazis erinnert. Mit solchen Ideen disqualifiziert sich die AfD als demokratische Alternative selbst.

Ob die Enthüllung des Papiers und die Aussagen von Martin aber dazu führen, dass sich die Wähler von der AfD abwenden, darf bezweifelt werden. Denn zumindest bisher hat von den unwürdigen Querelen immer nur eine Partei profitiert: die AfD selbst.

nils.mayer@stuttgarter-nachrichten.de