Bei einer Razzia gegen die Osmanen Germania in Baden-Württemberg hat die Polizei mehrere Wohnungen, Geschäftsräume und Gefängniszellen durchsucht.
Stuttgart/Jettingen - Seit 6 Uhr durchsuchen in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen Polizeibeamte Wohnungen, Geschäftsräume und Gefängniszellen von Mitgliedern der rockerähnlichen Gruppierung Osmanen Germania Boxclub. Die Razzia dient nach Angaben eines Polizeisprechers dazu, die Strukturen der Gruppe und ihre Aktivitäten aufzuklären. Beschlagnahmtes Material soll auch dazu dienen, Anhaltspunkte für ein Verbot des Vereins zu finden.
In Baden-Württemberg haben die Ermittler unter Führung des Landeskriminalamtes sieben Objekte ins Visier genommen: In Jettingen bei Nagold werden ein Fitness- und Kampfsportstudio sowie die Wohnung des Präsidenten der Nagolder Sektion der Gruppe durchsucht. In Gerabronn und Crailsheim die Wohnungen weiterer Mitglieder. In Mannheim untersuchen die Fahnder die Wohnung des Vorsitzenden der Union der Europäisch-Türkischen Demokraten (UETD) Rhein-Neckar, Yilmaz Ilkay Arin.
Durchsuchungen in Stammheim
In den Justizvollzuganstalten Offenburg und Stuttgart-Stammheim werden die Zellen der ehemaligen Führungsriege der Osmanen durchsucht. Der frühere Präsident Mehmet Bagci und sein damaliger Stellvertreter Selcuk Sahin sitzen seit Sommer vergangenen Jahres wegen verschiedener Tatvorwürfe in Untersuchungshaft. Am 26. März beginnt vor dem Landgericht Stuttgart gegen sie und sechs weitere Mitangeklagte das Verfahren.
Der Osmanen Germania Boxclub ist nach Recherchen unserer Zeitung und des ZDF-Magazins Frontal 21 eng mit der türkischen Regierungspartei AKP, dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyib Erdogan, dem regierungsnahen Lobbyverein UETD sowie dem türkischen Geheimdienst MIT verbunden. Den beiden Medien vorliegende Abhör- und Observationsprotokolle belegen, dass der AKP-Abgeordnete und Jugendfreund Erdogans, Metin Külünk, den Osmanen mehrfach Geld hat zu kommen lassen. Damit sollte die Gruppe Waffen kaufen. Zudem gerieten zunehmend Erdogan-Kritiker wie der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Cem Özdemir, oder die Abgeordnete der Linken, Sevim Dagdelen, ins Fadenkreuz Külünks und seines Netzwerkes.
So bildeten Mitglieder der Osmanen Germania bei den türkischen Protesten gegen die Armenienresolution des Bundestages im Juni 2016 die Speerspitze bei einem Aufmarsch vor dem Brandenburger Tor.