Amerikaner und Europäer arbeiten an einer neuen Rakete mit bewährten Bauteilen.  

Washington/München - Recyling in der Raumfahrt: Der US-Hersteller ATK und der europäische Weltraumkonzern Astrium entwickeln eine neue Trägerrakete, bei der bewährte Technik aus den Spaceshuttles und der Ariane 5 kombiniert wird. Bereits 2015 könnte die Rakete namens Liberty (Freiheit) Astronauten ins All bringen.

Der Weg ins All ist für Amerikas Raumfahrer seit Juli mit allerhand Umwegen verbunden. Die Spaceshuttle-Flotte wurde nach der letzten Landung der Atlantis endgültig ausgemustert. Nur an Bord einer russischen Sojus ist seither die Raumstation ISS zu erreichen. Die US-Weltraumbehörde Nasa hat nun private Firmen beauftragt, einen Nachfolger für die Shuttles zu entwickeln. Etwa 300 Millionen Dollar (220 Millionen Euro) wurden Anfang des Jahres dafür an die Firmen verteilt.

Das US-Unternehmen Alliant Techsystems (ATK) und der europäische Luftfahrt- und Raumfahrtkonzern Astrium wollen bei der Jagd um die lukrativen Aufträge mitmischen. Die Idee: Aus zwei mach eins. Die erste Stufe der Liberty soll eine Feststoffrakete sein, ähnlich derer, wie sie an den im Juli ausgemusterten Spaceshuttles montiert waren. Gefertigt wurden die sogenannten Booster (to boost = verstärken, nachhelfen) von ATK. Seit 1988 haben diese überdimensionalen Feuerwerkskörper insgesamt 107-mal den US-Raumfähren beim Start einen zusätzlichen Schubs verpasst.

Know-how statt Geld

In der Oberstufe steckt das Vulcain-Triebwerk aus der Ariane 5, der erfolgreichsten kommerziellen Trägerrakete zurzeit. "Beide Systeme sind seit Jahren erprobt und bekannt zuverlässig", sagt Ralph Heinrich, Sprecher von Astrium Deutschland. Durch den Einsatz der bewährten Technik ließen sich nach seinen Angaben die Entwicklungskosten gering halten. Nach einem Bericht der Online-Ausgabe der "USA Today" soll ein Flug umgerechnet 131 Millionen Euro kosten. Das wäre deutlich günstiger als die Shuttle-Flüge, für die bis zu 500 Millionen Euro veranschlagt wurden.

Die Liberty wäre mit 90 Metern etwa anderthalb mal so lang wie die Ariane 5. Sie wäre in der Lage, fast 20 Tonnen Nutzlast in eine Höhe von etwa 400 Kilometern über der Erde zu hieven. "Das können Material, Satelliten oder Astronauten sein", bestätigt der Astrium-Sprecher. Und Liberty könnte von Cape Canaveral aus abheben, wie es die Spaceshuttles auch getan haben.

Geld von der Nasa wie für die Konkurrenz gibt es nicht. Die Behörde will den beiden Unternehmen aber helfen, ein Startsystem zu entwickeln, die Sicherheitsanforderungen sowie das Design zu überprüfen. Auch eine Zusammenarbeit der Ingenieure wurde demnach vereinbart. Die Nasa sei vor allem daran interessiert, wie Liberty Menschen ins All bringen könnte.

Erster Start 2015 geplant

Das Konzept steht im Wettbewerb mit ähnlichen Vorhaben anderer privater Anbieter wie SpaceX, United Launch Alliance oder dem Luft- und Raumfahrtriesen Boeing. Wie stehen da die Chancen für die europäisch-amerikanische Kooperation? "Unser Projekt steht am Anfang", gibt Heinrich zu, bisher existierten nur Blaupausen. "Aber wir würden uns nicht ohne solide Planung ins Rennen wagen." Soll heißen: Ein garantierter Erststart 2015 in Verbindung mit der zuverlässigen und kostengünstigen Technik könnten den Ausschlag zugunsten von ATK und Astrium geben.

www.eads.astrium.net; www.atk.com