Rössle-Präsident Andreas Goihl liefert sich einen Schlagabtausch mit dem Bezirksvorsteher. Foto: Leonie Schlüter

Narren haben am Samstag den Bezirksvorsteher entmündigt und die Regentschaft übernommen. Trotz des Schmuddelwetters fanden zahlreiche Zuschauer den weg zum Emil-Schuler-Platz.

Zuffenhausen - Stürmisch und verregnet. So hätte die Vorhersage für den vergangenen Samstag lauten können. Der Regen lag in der Verantwortung von Wettergott Petrus, für den Sturm sorgten allerdings rund 150 Narren aus zehn verschiedenen Karnevalsvereinen. Und zwar nicht im meteorologischen Sinne, sondern indem sie Bezirksvorsteher Gerhard Hanus zum Bürger entmündigten und die Regentschaft im Zuffenhäuser Rathaus an sich rissen.

Das Bezirksoberhaupt wurde in diesem Jahr zum achten Mal vorübergehend entmachtet, angeleitet durch den Karnevalsclub Stuttgarter Rössle und die Karnevalgesellschaft Blau-Weiß Stuttgart. Rössle-Präsident Andreas Goihl zeigte sich überrascht und hoch erfreut, dass trotz des Schmuddelwetters zahlreiche Zuschauer ihren Weg zum Emil-Schuler-Platz gefunden hatten. „Der Rathaussturm findet immer mehr Anklang“, sagte Goihl. „Er ist der Faschingshöhepunkt in Zuffenhausen.“

Die Leibgarde hat die Seiten gewechselt

Los ging es mit einem Umzug aller Karnevalsvereine rund um das Zuffenhäuser Bezirksamt. Die First Guggen Band begleitete das närrische Treiben mit fetziger Guggenmusik. Statt der anberaumten halben Stunde kamen die Gardetänzerinnen und Narren allerdings früher als geplant wieder am Eingang des Rathauses an. „Alle sind wegen des Regens ein bisschen schneller gelaufen“, erklärte Goihl. Somit war die Schonzeit für Gerhard Hanus war schneller abgelaufen als erwartet. „Sie haben jetzt zum letzten Mal, und da bleibt Ihnen keine Wahl, die Chance, das Rathaus schnell zu räumen, das ist es, von was wir heute träumen“, rief Goihl nach oben, wo der Bezirksvorsteher auf dem Balkon ausharrte. An seiner Seite fehlte diesmal seine Leibgarde, die ihm in den vergangenen Jahren immer dabei geholfen hatte, das Rathaus gegen die Narren zu verteidigen. Mit Hohn und Spott verkündete der Rössle-Präsident, dass die beiden die Seite gewechselt haben und nun als Regentschaftspaar engagiert sind. „Ja, das war ein ganz schön böses Spiel, das mir gar nicht so gefiel, aber heut’ kann ich damit sehr gut leben, jetzt helfen mir andere, so ist das eben“, gab Hanus zu Protokoll.

Ganz wie es der Tradition entspricht, nutzten die Narren die Gunst der Stunde, um dem Bezirksvorsteher einige Punkte zu nennen, wo der Schuh drückt. Darunter der Wunsch nach weniger Spielhallen, einer großen Veranstaltungshalle, der Realisierung des Rathauscafés oder einem Public Viewing zur Fußballweltmeisterschaft auf dem Emil-Schuler-Platz. „Wir haben viele Ideen, lass uns nur machen, wir Narren machen nämlich keine halben Sachen“, rief Goihl. Hanus wendete alle Vorschläge wortreich ab, doch am Ende half nur noch die weiße Flagge. Alsbald tönte vom Rathausbalkon der dreifache Narrenruf „Rössle – hoch!“ .