Die Sindelfinger Verwaltung – im Bild ist das Rathaus zu sehen – muss an den Spargroschen. Der ist zwar noch richtig fett, aber er schmilzt. Foto:Granville Foto:  

40 neue Stellen in diesem und 26 im kommenden Jahr für die Stadtverwaltung waren hoch umstritten, sind es nun aber nicht mehr so sehr. Obwohl die Gewerbesteuer längst nicht mehr so sprudelt, wie man das in der Daimler-Stadt gewohnt war.

Sindelfingen - Bei der Verabschiedung des Sindelfinger Doppelhaushalts 2021/22 Mitte Mai hatten die Wogen noch hochgeschlagen. Die Absicht der Verwaltungsspitze, insgesamt 67 (neue) Stellen zu schaffen, sorgte für lautstarke Kritik. Womöglich müsse die aktuell empfindlich geldklamme Daimler-Stadt Personalausgaben bald noch mit Schulden finanzieren, malten einzelne Gemeinderäte ein Menetekel an die Wand. Und forderten detailliertere Einblicke in die Pläne. Mittlerweile haben sie diese erhalten - und im Kessel ist nun viel Dampf heraus.

„Gut, dass da etwas Schärfe herauskommt“ (Maike Stahl, CDU), „Die Zusatzschleife hat sich gelohnt“ (Helmut Hofmann, Grüne), „Der Druck im Kessel ist gesunken“ (Manfred Stock, SPD) oder „Wir haben mehr Licht im Dunkel“ (Andreas Beyer, FDP): Als der Verwaltungs- und Finanzausschuss am Montag (wieder) in Präsenz in der Stadthalle zum Stellenplan tagte, herrschte relativer Friede. Das Gremium, zuvor wegen des Datenschutzes für die Klarnamen nichtöffentlich in Kenntnis gesetzt, nahm die Informationen vonseiten des Finanzbürgermeisters Christian Gangl zur Kenntnis. Nun wollen die Mitglieder ihre Fraktionskollegen auch ins Bild setzen, bevor dann nochmals derselbe Ausschuss kommende und der Gemeinderat übernächste Woche einen Knopf an die Causa machen sollen.

150 Millionen Euro jährlich Gewerbesteuer – das ist vorbei

Ist das strittige Thema dann endgültig vom Tisch? Garantiert ist das nicht. Aber auch nicht unwahrscheinlich. Denn der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer ist nach gehörigem Druck der Forderung nachgekommen, die Daten externer Gutachterbüros zu Kennzahlen zur Verfügung zu stellen. Und auch die Ausführungen von Hauptamtsleiter Roland Narr glätteten die Wogen. So seien von den 40 Stellen in diesem Jahr nur die Hälfte neu. Bei 14 Stellen werde die bisherige Befristung weggenommen, so Narr: „Dahinter stehen ja Personen, die sich nach beruflicher Sicherheit sehnen.“ Anders 2022. Von den dann geplanten 26,5 Vollzeitstellen sind 24,5 neu, zwei entfristet.

Vier Jahre ist es her, dass der Stellenplan der Stadtverwaltung zuletzt Gegenstand des kommunalen Aufsichtsorgans Gemeinderat war. Solange Sindelfingens Gewerbesteuerquelle mit bis zu 150 Millionen Euro jährlich sprudelte, waren die Personalkosten kein Thema. Nun, wo wie größte Stadt im Kreis aktuell mit nur noch rund einem Drittel dieses Geldsegens auskommen muss, stellt sich das anders dar. Die Haushaltsstrukturkommission, die nach Sparmöglichkeiten suchen soll, ist wieder eingerichtet. Zumal Sindelfingen vor hohen Investitionen steht und die trotz der Malaise (weil versprochen) schultern will. Stichwort Tiefgaragensanierung oder Umbau des Badezentrums zu einem attraktive(re)n Familienbad. Neue Marktplatzoberfläche, Umbauten der Verkehrsführung im Osten wegen der A-81-Verbreiterung, Verbesserungen der Sportinfrastruktur, Digitalisierung der Schulen, das geplante Kultur- und Bürgerzentrum, der Baubeschluss für die Erweiterung des Sportgeländes auf dem Darmsheimer Eichelberg, der Umbau des ehemaligen Mädchenheims zu einem Vereinsgebäude in Maichingen: Da kommt millionenmäßig ganz schön was zusammen.

Wer soll die Wünsche bezahlen?

Zumal bisher nichts auf einer Streichliste steht. Aber noch darauf landen könnte - wie etwa die intendierte Sanierung der Klosterseehalle. Leisten kann sich die größte Stadt im Kreis all das nur, weil sie über 100 Millionen auf der hohen Kante hat als Folge von zuletzt zehn guten Jahren. Aber spätestens wenn der Fixkostenblock Personalkosten große Teile auffrisst, ist der Reichtum von einst rasch abgeschmolzen. Das lässt die Magengruben im Rat vernehmlich grummeln.

Mehraufgaben, wie sie Beschlüsse von Bund und Land etwa in der Flüchtlingsunterbringung verursachen, sind eine der Ursachen, mit denen die Stadt die Stellennotwendigkeiten begründet. Alleine schon die schrittweise Verschiebung des Einschulungstermins betreffe 150 Kita-Plätze und bedeute damit Mehraufwand, sagte Hauptamtsleiter Narr. Eine Stelle zusätzlich soll auch der Vollzugsdienst bekommen, von dem man sagt, er sei chronisch unterbesetzt. Dabei soll so jemand seine Kosten per Knöllchen zumindest teilweise wieder einspielen.