Im Wahlkampf Kontrahenten, jetzt arbeiten Körner und Nopper Hand in Hand – manche Christdemokraten wundern sich. Foto: Leif Piechowski

Nach der Entscheidung im Rathaus für einen strategischen Berater von der SPD wundern sich Christdemokraten umgehend: Denkt der Stuttgarter CDU-Oberbürgermeister womöglich, dass die SPD bessere Strategen hat? Auch andere Beobachter staunen.

Die Verpflichtung des SPD-Fraktionschefs Martin Körner als neuer Referatsleiter im Rathaus für Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität durch CDU-OB Frank Nopper hat am Dienstag an einer Stelle ganz besonders eingeschlagen: bei der Kreis-CDU. Deren Vorsitzender, der OB-Büroleiter Thrasivoulos Malliaras, blieb zwar auf Tauchstation, CDU-Sprecher Roland Schmid aber berichtete am frühen Nachmittag von „hoher Irritation“ in der Mitgliederschaft. Da werde gerätselt, warum Nopper einen SPD-Mann zum Kopf seines Teams mache, der zwar profiliert sei, aber als Kandidat bei der OB-Wahl ein Fiasko erlebt habe. Schmid sagte, in der CDU sei umgehend die Frage aufgekommen, ob die SPD die besseren Strategen habe und ob man gleich SPD wählen solle. Falls es jedoch Noppers strategischer Ansatz wäre, sich und den CDU-Anliegen sichere Mehrheiten im Gemeinderat zu verschaffen, ließe sich der Schritt eher nachvollziehen. Das müsse man dann aber auch erklären. Die Junge Union lehnt Körners Ernennung rundweg ab.

Der Kreisvorsitzende Leonard Rzymann erklärte, es erscheine schon „sehr fragwürdig, dass Körner, der als OB-Kandidat nicht einmal zehn Prozent der Stimmen erhalten hat, jetzt die Stadtpolitik der nächsten Jahre planen soll, obwohl seine Ideen von der Stadtbevölkerung eindeutig abgelehnt wurden“. Der Bürger habe nicht Nopper gewählt, um Körner zu bekommen.

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Die Grünen-Kreisvorsitzenden Amelie Montigel und Florian Pitschel meinten, den Fraktionschef der SPD zum Chefstrategen zu ernennen sei auch noch kein Plan des Oberbürgermeisters für die Zukunft der Stadt und um die großen Aufgaben und Herausforderungen Klimakrise, Mobilität und Wohnen strategisch anzupacken. Davon abgesehen, habe Nopper bei der Neuordnung der Stabsstellen und des Strategieteams erst mal die Notbremse ziehen müssen. Das Duo Nopper und Körner lässt die Grünen offenbar vermuten, dass die SPD dem ökosozialen Lager im Rat ganz abhandenkommen könnte. Jedenfalls erinnert ihr Kreisvorstand daran, „dass es auch ohne die SPD gegen die grün-sozialen Fraktionen im Gemeinderat keine Mehrheit jenseits der extrem rechten AfD gibt“. Alle demokratischen Fraktionen sollten und müssten aber vermeiden, die Brandmauer nach rechts auch nur einen Millimeter bröckeln zu lassen. Die Grünen im Gemeinderat erklärten, ob sich Noppers Zusammenarbeit mit dem Rat nun verbessere, bleibe abzuwarten.

Hannes Rockenbauch wundert sich

Hannes Rockenbauch vom Linksbündnis im Rat, 2020 wie Körner ein OB-Kandidat, wunderte sich sehr, warum Körner sich vom starken Mann der SPD zum starken Mann und Vorturner des Oberbürgermeisters verändern wolle. Er wunderte sich auch über Nopper. „Hätte er Körner zum Wohnungsbaukoordinator gemacht, würde ich das ja noch verstehen“, aber bei drängenden Themenkomplexen wie dem Klimaschutz und der lebenswerten Innenstadt habe Körner nicht das Ganze im Blick. Der SPD-Mann setze noch stark auf Tunnelbau und Autoverkehr. Nopper habe sicherlich einen erfahrenen Kommunalpolitiker gesucht, der ihm die Kartoffeln aus dem Feuer hole, während er sich aufs Repräsentieren zurückziehen wolle. Rockenbauch vermutet, dass der neue Stratege an den Strukturen scheitern wird. Viel hänge von Mitarbeitern und Durchgriffsrechten ab. Ähnlich sieht es FDP-Fraktionschef Matthias Oechsner, der aber angetan ist von einer „guten Personalie“ für einen „an sich coolen Job“.

Und die SPD? Ihr Kreisvorsitzender und Stadtrat Dejan Perc erkennt einen „klugen Schachzug“ von Nopper, sich mit dem kenntnisreichen und profilierten Martin Körner aus der Patsche zu helfen. Dass die SPD nun ins bürgerliche Lager wechsle, müsse niemand befürchten: „Die SPD bleibt Partnerin für sozial-ökologische Politik.“ Über die Fraktionsführung werde man sorgfältig beraten. Er selbst stehe aus Zeitmangel nicht für den männlichen Part neben Jasmin Meergans zur Verfügung.