Robert Campe ist erst 16 Jahre alt und bereits auf der Spiegel-Bestsellerliste. Mit seinem Buch „What’s App, Mama?“ möchte er die Eltern-Generation über die Online-Welt der Jugendlichen aufklären. Foto: Eden Books

Wie funktioniert das nochmal mit diesem Instagram? Der 15-jährige Robert Campe hatte keine Lust mehr auf die lästigen Fragen seiner Eltern und hat ein Aufklärungsbuch geschrieben.

Hamburg - Vielen Erwachsenen ist es unheimlich, wenn ihr Kind ständig vor dem Smartphone hängt. „Fest steht, kein Smartphone ist auch keine Lösung. Denn heute ist ein Teenager ohne Smartphone wie ein Teenager in den Neunzigern ohne Kabelfernsehen – nur noch schlimmer, quasi gesellschaftsunfähig“ findet Robert Campe. Mit seinem Buch „What’s App, Mama?“ möchte der Hamburger Schüler besorgte Eltern beruhigen und Licht ins Dunkel zwischen sozialen Netzwerken, Apps und Youtube-Stars bringen. Und er erklärt, warum Teenager Facebook total uncool finden.

Whatsapp: Kennt jeder, nutzt fast jeder. Selbst militante Social-Media-Verweigerer sind dem Charme des praktischen Messenger-Diensts erlegen und nutzen die App selbstverständlich. Robert Campe schreibt: „Aus meinem und dem Leben meiner Freunde ist Whatsapp nicht mehr wegzudenken. Unter Jugendlichen ist es das absolute Must-have, wenn es um Apps fürs Smartphone geht.“ In seinem Buch erklärt Robert Campe genau, wie man die App installiert, welche Statusmeldungen und Emojis es gibt oder wie man Gruppenchats erstellt – nicht wirklich etwas Neues für die meisten Leser. Gut unterhalten fühlt man sich trotzdem von Campes Anekdoten, wie von dieser zum Beispiel: „Jeder Whatsapper versteht zum Beispiel ‚ka’ oder ‚kp’ – gleich: ‚keine Ahnung’ oder ‚kein Plan’. Für euch: ‚Ich weiß nicht’. Gern verwendet man auch ‚wtf’ für ‚What the fuck’, wenn man irgendwas besonders krass oder lustig findet.“

Snapchat Lehrreicher als das Whatsapp-Kapitel ist das über den Messenger-Dienst Snapchat – zumindest für ahnungslose Eltern. Der Foto-Dienst ist vorwiegend bei Jüngeren angesagt. Mit Snapchat kann man Bilder an Freunde senden, diese sind allerdings nur für ein paar Sekunden sichtbar und löschen sich anschließend selbst, werden also nicht auf dem Smartphone gespeichert. Robert Campe schreibt: „Dadurch ist jeder Snap tatsächlich brandaktuell. Es geht eben um den Augenblick und darum, Freunde direkt am gesnappten Moment teilhaben zu lassen.“

Twitter Eigentlich ein alter Hut. Die Plattform exisitiert seit 2006 und wird von Teenagern laut Campe nicht so häufig genutzt. Vorwiegend Journalisten und Meinungsmacher nutzen Twitter als Plattform zur Verbreitung von kurzen – maximal 140 Zeichen – Textnachrichten (Tweets) im Internet. Begriffe wie Hashtag (das Doppelkreuz-Zeichen ‚#’, das ein Wort in einem Tweet hervorhebt) oder Follower (wenn man einen anderen Nutzer abonniert) sind inzwischen geflügelte Worte im digitalen Alltag. Robert Campe schreibt: „Genau dafür eignen sich Hashtags total super: Man kann schnell die verschiedensten Meinungen zu einem Thema überblicken, ohne dazu unterschiedliche Websites aufrufen zu müssen. Nach dem Tatort schnell getweetet und ein paar Minuten später weiß man, wie viele Zuschauer derselben Meinung sind wie man selbst.“

Facebook Der Methusalem unter den sozialen Netzwerken. Weltweit haben 1,49 Milliarden Menschen ein eigenes Profil, mit dem sie sich mit Freunden und Bekannten aus dem echten Leben verbinden können. Robert Campe erklärt schlicht und ergreifend: „Langweilige Urlaubsfotos, politische Diskussionen, die in Kommentarspalten ausgetragen werden, zugegebenermaßen niedliche, aber doch sinnlose Tiervideos und eben der ganze Rest – ist das wirklich euer Ernst? Wie haltet ihr Erwachsenen das nur aus? Ich kenne wirklich kaum jemanden in meinem Alter, der so viel Zeit auf Facebook verbringt wie die Generation vor uns.“

Youtube Vielleicht die Plattform, die das umtriebigste Eigenleben führt. Das Video-Netzwerk gibt es seit 2005 – also auch ein echter Methusalem – hat sich aber erst in den vergangenen drei, vier Jahren zu einem Selbstläufer entwickelt. Nichtzuletzt dank diverser Youtube-Stars wie LeFloid, Emrah oder MrWissen2go, die sich mit ihren Ansichten zum Weltgeschehen, Tipps und Tricks für das alltägliche Leben oder Wissensvideos zu aktuellen Themen zu Meinungsmachern entwickelt haben. „Auf der Liste der Social-Media-Dienste steht YouTube ganz oben und wurde in den letzten Jahren mega gehypt. Zumindest bei uns Jugendlichen. Genauso wie Whats App ist das Portal aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken und beeinflusst ziemlich krass unseren Lifestyle“, schreibt Robert Campe. Aus dem Youtube-Lifestyle sind Begriffe wie Vlog (eine Kreation aus Blogger und Video), Haul (ein Video, das die Einkäufe der Shoppingtour zeigt) oder Tutorial (Anleitung zu einem beliebigen Thema, sei es Make-Up, Kochen, Tanzen, Espressomaschine installieren so weiter) entstanden.

Instagram Vierhundert Millionen Nutzer sollen den Foto-Dienst weltweit nutzen, darunter viele Prominente. Sie setzen mit Bildern Statements oder machen auf sich aufmerksam. Instagram steht bei Jugendlichen auf der Beliebtheits-Skala direkt hinter Whats App. Das Prinzip: man veröffentlicht eigene Bilder und kann sich die Fotos von anderen anschauen, sie liken und kommentieren. Typisch für die Instagram-Optik waren ursprünglich quadratische Bilder, über die ein Retro-Filter mit knalligen Farben gelegt wurde. Mittlerweile gibt es mehr kreativen Spielraum. „Instagram hat unser Verhältnis zu Bildern in den letzten Jahren ziemlich krass geprägt“, schreibt Robert Campe.

Pinterest Früher hat man Zeitschriften auf der Suche nach Modetipps, Rezepten oder Einrichtungstrends durchgeblättert, heute stöbert man auf Pinterest. Auf dem sozialen Netzwerk können Nutzer Bilderkollektionen mit Beschreibungen an virtuelle Pinnwände heften. Pinterest ist die Abkürzung von „Pin your interest“. Paul Campe schreibt: „Pinterest ist unter uns Jugendlichen kein wirklich großes Ding. Dass die beliebtesten Kategorien ‚Essen & Trinken’ und ‚Wohndekor’ sind, lässt ja schon erahnen, dass die Plattform eher von eurer Generation genutzt wird als von uns. Denn mal ehrlich: das Essen kocht schließlich ihr, und zu Weihnachten das Wohnzimmer zu schmücken, ist auch nicht so unser Ding.“

Interview mit Robert Campe: „Man kann sich auch im echten Leben blamieren“

Robert, viele Eltern befürchten, ihre Kinder werden Balla-Balla, weil sie nur noch vor dem Smartphone hängen. Wie beruhigst du sie?
Mit dem Handy kann man auch ziemlich viel Gutes anfangen! Sei es die Interaktion mit den Freunden, der Austausch mit den Klassenkameraden über die nächste Arbeit oder auch ganz allgemein. Man kann sich einfach gut auf dem Laufenden halten, was in der Welt so passiert und angesagt ist. Wir sind ja nicht von der Außenwelt abgeschottet, nur weil wir aufs Handy gucken. Im Gegenteil!
Wie denkst du über Gleichaltrige, die kein Smartphone haben? Gibt es das in deinem Umfeld überhaupt?
Einer meiner Mitschüler hat kein Smartphone. Er wird es vermutlich nicht sonderlich vermissen, weil er ja noch nie eines hatte und auch nicht weiß, wie sich das anfühlt. Aber es ist natürlich schon so, dass er damit ein bisschen außen vor ist. Es gibt nur sehr wenige Jugendliche, die kein Smartphone haben, zumindest in meinem Umfeld.
Mit deinem Buch möchtest du zur Beruhigung besorgter Eltern beitragen. Manchmal scheint es allerdings, als würdest du die Dinge verharmlosen, wie den Fall mit dem Oben-ohne-Foto einer Mitschülerin, das versehentlich in einem sozialen Netzwerk gelandet ist. Im Netz ist das Risiko, sich bloß gestellt zu fühlen doch ziemlich hoch, findest du nicht?
Doch, auf jeden Fall. Aber ich sehe es so, dass man im echten Leben sich ja auch durchaus mit Aussagen oder Handlungen blamieren kann. Klar, im Internet sind die Dinge teilweise für die Ewigkeit verfügbar, daher ist das natürlich schon heikel. Vieles ist aber auch selbstverschuldet, wer so ein Bild von sich verschickt, muss vorher darüber nachdenken, was damit passieren könnte. Und am besten lässt man das einfach bleiben.
Experten sagen, dass für unwissende oder labile Jugendliche im Netz jede Menge Gefahren lauern, Stichwort Ballerspiele, Cyber Mobbing oder illegale Streaming-Dienste. Wie stehst du dazu?
Viele Spiele im Netz sind völlig harmlos. Zumal ich selbst sehr gut differenzieren kann, was real und was virtuell ist, bei meinen Freunden ist das auch so. Ich kann es nicht nachvollziehen, warum Erwachsene sofort denken, ihre Kinder werden kriminell wenn sie mal ein Spiel spielen, indem sich die Gegner womöglich bekämpfen. Und was die Streaming-Dienste angeht: es gibt sehr viele illegale Streaming-Dienste im Netz. Teilweise benutzen wir das auch, aber selten. Die Rechtslage ist so schwammig, dass keiner genau weiß, was man darf und was nicht.
Vieles, was sich online abspielt, hat die Erwachsenen-Welt längst erreicht, siehe Whatsapp. Nervt das die Jugendlichen?
Bei Whatsapp finde ich es mega gut, es erleichtert den Alltag erheblich, weil ich mit meiner Familie unkompliziert im Austausch sein kann, zum Beispiel mit einer Familiengruppe. Bei anderen Netzwerken wie Instagram oder Snapchat finde ich das nicht so cool, weil meine Mutter dann immer sehen würde, was ich für Bilder poste und das womöglich kommentieren würde. Das würde ich nervig finden. Meine Mutter ist dafür auf Facebook, das ist mir aber egal, weil ich da eh nichts mache, das ist bei uns Jugendlichen überhaupt nicht mehr angesagt.
Was wünschen Sie sich von der Schule in punkto digitale Medien?
Man könnte zum Beispiel so eine Art Geschichtsunterricht einführen, indem es insgesamt um das digitale Zeitalter geht. Wie das alles seinen Lauf genommen hat, wie die Entwicklung in den letzten 30 Jahren gelaufen ist. Aber es sollte auch um praktische Dinge gehen, zum Beispiel darum, wie eine Speicherkarte funktioniert, warum wir überhaupt online sein oder telefonieren können und solche Dinge. Das wären einfach grundlegend wichtige Informationen, die unser Leben auch in Zukunft bestimmen werden.
Die Lehrer hinken vermutlich den Schülern, was die Mediennutzung angeht, weit hinterher, oder?
Allerdings! Bei unserer Englischlehrerin ist das zum Beispiel so, dass sie uns bei manchen Vokabeln bittet, die Übersetzung zu googeln. Manche kommen auch mit den Beamern nicht zurecht, weil sie Touch-Funktionen haben. Da müssen dann oft wir Schüler aushelfen.
Info: Robert Campe wurde 2001 geboren und geht in Hamburg aufs Gymnasium. Im Rahmen eines Praktikums bei dem Medien-Portal Meedia veröffentlichte er einen Artikel über die junge Generation und wie sie die Social-Media-Welt sieht. Daraus entstand sein Buch.