Medizinisches Personal in Wuhan nimmt es mit dem Selbstschutz sehr ernst. Foto: dpa/Xiong Qi

Chinesische Ärzte teilen ihre Erfahrungen im Umgang mit dem Coronavirus und infizierten Patienten. Den Ratgeber für alle, die mit dem Virus zu tun haben, gibt es kostenlos. Und man kann sogar mitdiskutieren.

Stuttgart - Manchmal ist es Dummheit, die zu einer Infektion mit Corona führen kann, zum Beispiel nach dem Besuch von Coronaparties. Manchmal ist es aber auch pure Unwissenheit. Wenn chinesische Wissenschaftler die Bilder aus Wolfsburg sehen würden, wo die Bestatter Särge aus einem Altenheim in ihr Auto verladen, sie würden wohl in Panik verfallen. Ohne Schutzkleidung, ohne Mundschutz, ohne Handschuhe arbeiten die Bestatter, dabei wäre all dies aus chinesischer Sicht notwendig. So steht es zumindest in einem umfangreichen Handbuch zum Umgang mit der Krankheit, das von Medizinern aus dem Reich der Mitte zusammengestellt wurde.

6500 Mitarbeiter stecken sich nicht an

Zahlreiche Ärzte und Pflegepersonal des Fahzu-Krankenhauses in der Provinz Zhejiang haben auf mehr als 60 Seiten ihre Erfahrungen dokumentiert. Die Klinik mit mehr als 6500 Mitarbeitern gehört zur Zhejiang-Universität, einer der insgesamt neun chinesischen Elite-Universitäten – und eine der führenden Forschungseinrichtungen im Land. Das wichtigste im Kampf gegen die Pandemie sei es, das vorhandene Wissen zu teilen, schreibt Klinikchef Liang Tingbo in seinem Vorwort. Das Wissen der chinesischen Fachleute stehe der Welt daher unentgeltlich zur Verfügung.

Kein einziger Pfleger ist infiziert worden

Nach eigenen Angaben hat das Krankenhaus in den letzten Tagen vor Erscheinen des Buches knapp 100 schwer kranke Corona-Patienten betreut, gleichwohl sei kein einziges Mitglied Pflegepersonals infiziert worden. Kein Wunder, dass den Eigenschutzmaßnahmen in dem Buch gleich zu Beginn viel Platz eingeräumt wird. Selbstverständlich gilt für ausnahmslos alle im Krankenhaus Beschäftigten die Maskenpflicht. Wer Rachenabstriche entnimmt muss einen Gesichtsschutzschirm tragen. Ähnlich wie für Piloten vor dem Start gibt es einen Checkup-Plan für das Anlegen der umfangreichen Schutzkleidung.

Das ist natürlich nicht alles. Die Experten empfehlen eine strikte Trennung der Corona-Patienten, regelmäßige Desinfektion von Flächen und der Luft, letzteres mit UV-Licht. Empfohlen wird zudem das Chloren von Fäkalien und Abwasser, bevor es in die Kläranlage geleitet wird. Patienten, so die Empfehlung, dürften keinen Besuch empfangen. Sie sollten unbedingt das Smartphone behalten, um in Kontakt mit ihren Lieben zu bleiben.

Besonders auf die Psyche der Patienten achten

Die Mediziner schildern ihre Erfahrungen mit verschiedenen Diagnoseformen für das Virus – und Aufnahmen von Lungen, die von ihm befallen sind. Es gibt Berichte über den Einsatz von verschiedenen Medikamenten und Erklärungsversuche, weswegen manche Corona-Patienten auch Probleme im Darmbereich haben.

Neben der klassischen Therapie empfehlen die Ärzte, die Psyche der Patienten besonders zu beobachten. Bedauern, Groll, Einsamkeit und Depression sei in vielen Fällen zu beobachten gewesen. Die Patienten müssten daher auch vor und nach einer Entlassung aus der Klinik noch einmal beobachtet werden.

Das Handbuch, das durch die gleichnamige Stiftung des Alibaba Gründers Jack Ma finanziert wurde, bietet zudem eine elektronische Austauschplattform für Mediziner auf der ganzen Welt, der QR-Code zum herunterladen ist dabei. Ebenso die Empfehlung für Krankenhäuser, Online-Sprechstunden einzurichten, um vorab zu selektieren und unnötige Kontakte zu vermeiden. Fehler, schreibt Liang Tibo in seinem Beitrag, könnten auf Grund der Kürze der Zeit durchaus geschehen sein.

Er lädt die Kollegen in aller Welt daher ein, mit zu diskutieren. In die wesentlichen Sprachen der Welt ist das Werk bereits übersetzt, auch auf Deutsch.