Die Bundesregierung will den Arbeitsalltag der Polizei untersuchen. Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Untersuchung soll aber nicht nur Rassismus, sondern auch Gewalt und Hass gegen Beamte in den Blick nehmen. Rassistische Stereotype dürften im Umgang der Polizei mit den Bürgern keine Rolle spielen, sagte SPD-Chefin Saskia Esken unserer Zeitung.

Berlin - Nach wochenlangem Streit über eine Studie zu Rassismus bei der Polizei haben Union und SPD eine Einigung erzielt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte am Dienstag, es solle eine Untersuchung des Polizeialltags in Auftrag gegeben werden. Dazu gehörten auch Gewalt und Hass gegen Polizeibeamte. „Es wird keine Studie geben, die sich mit Unterstellungen und Vorwürfen gegen die Polizei richtet“, kündigte der Innenminister an. Ergänzend will die Bundesregierung Alltagsrassismus in anderen gesellschaftlichen Bereichen, etwa auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Wohnungssuche, untersuchen lassen.

SPD-Chefin Esken begrüßt Einigung

Nachdem rechtsextreme Chatgruppen von Polizisten in mehreren Bundesländern aufgedeckt wurden, hatte die SPD eine umfassende Studie über Rassismus in den Reihen der Polizei gefordert. Seehofer sträubte sich dagegen, weil er darin einen Generalverdacht gegen die Beamten sieht. „Die überwältigende Mehrheit von über 99 Prozent der Polizistinnen und Polizisten steht auf dem Boden unseres Grundgesetzes“, hob Seehofer erneut hervor.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken erhofft sich von der Studie zum Polizeialltag Erkenntnisse über Strukturen, die rassistische Denkmuster in den Sicherheitsbehörden begünstigen oder verstärken. „Rassistische und andere menschenfeindliche Stereotype“ dürften im Umgang der Polizei mit den Bürgern keine Rolle spielen, „und erst recht dürfen sie keinen Einfluss auf die polizeiliche Arbeit haben“, sagte Esken unserer Zeitung. Die SPD-Chefin begrüßte die Einigung der Koalition, „nun doch Forschungsstudien zu Rechtsextremismus und Rassismus auch in Sicherheitsbehörden zu ermöglichen“.

Einigung auch über Geheimdienstbefugnisse

Die Studie werde nicht nur Aufschluss darüber geben, „ob es im Arbeitsalltag der Sicherheitsbehörden Strukturen gibt, die die Entstehung rassistischer Denkmuster begünstigen - sie wird uns auch aufzeigen, welche Maßnahmen wir ergreifen müssen, um diesen Tendenzen entgegenzuwirken“, sagte Esken. Dadurch werde die „große Mehrheit“ der Polizisten unterstützt, „die fest mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“. Zudem werde das Vertrauen der Bürger in die Beamten gestärkt, „das sie zu Recht genießen“. Esken war im Juni mit Aussagen über latenten Rassismus in den Reihen der Sicherheitskräfte in die Kritik geraten.

Neben dem Konflikt um die Rassismus-Studie legten Union und SPD ein weiteres Streitthema bei. Außer dem Verfassungsschutz sollen auch der Auslandsgeheimdienst BND und der Militärischen Abschirmdienst (MAD) erweiterte Befugnisse zur Überwachung von Handykommunikation bekommen. Dagegen hatten sich die Sozialdemokraten lange gewehrt. „Ich halte die Regelung für sinnvoll und notwendig“, sagte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, die Stuttgarter Abgeordnete Ute Vogt, nun unserer Zeitung.