AMG ist eine Tochter und die Supersportwagenmarke von Mercedes. Nicht alle Fahrer gehen mit der enormen Kraft dieser Fahrzeuge verantwortungsbewusst um. Foto: Mercedes-Benz A

Der AMG-Fahrer, der mit bis zu 300 Stundenkilometern vor der Polizei flüchtete, ruft auch die Politik auf den Plan. Der Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel aus Nürtingen fordert im Extremfall dauerhaften Führerscheinentzug. AMG verurteilt gefährliche Nutzung seiner Autos.

Nach dem Raser-Vorfall vom Wochenende fordert der Nürtinger Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel (Grüne) härtere Sanktionen bei schweren Verkehrsverstößen. „In Extremfällen dürfen der dauerhafte Führerscheinentzug und die Einziehung von Raserautos kein Tabu sein“, erklärte Gastel unserer Zeitung. Zugleich appellierte Gastel, der auch Mitglied des Verkehrsausschusses des Bundestags ist, an die Autohersteller, bei ihren Werbeaussagen achtsam vorzugehen. „Werbesprüche, mit denen hohe Geschwindigkeiten angepriesen werden, passen nicht mehr in eine Zeit, in der die Verkehrssicherheit an erster Stelle stehen muss“, so der Parlamentarier.

639 PS unter der Haube ermöglichen Tempo 315

AMG bewirbt seine Fahrzeuge unter anderem mit Aussagen wie „Rennsport mit Straßenzulassung“. Der AMG GT 63 S hat eine Leistung von 639 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 315 Stundenkilometern. Der Fahrer eines solchen Autos hatte am Wochenende bei einer Verfolgungsjagd auf der B10, der A81 und der A8 die Polizei abgehängt, obwohl diese mit 41 Streifenwagen und einem Hubschrauber im Einsatz war. Die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs ist höher als die des Polizeihubschraubers, der bei der Verfolgung des Fahrers im Einsatz war.

Der Mercedes-Konzern, zu dem auch AMG gehört, erklärte unserer Zeitung, die Werbeaussagen bezögen sich „ausschließlich auf die Nutzung unserer Fahrzeuge im Rahmen gesetzlicher Regelungen“. Ein Verhalten, das andere Verkehrsteilnehmer gefährde, „verurteilen wir scharf“. Das Einhalten der Straßenverkehrsordnung sei „die Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Straßenverkehr - genauso wie der verantwortungsvolle Umgang mit Technik und die gebotene Rücksicht“.

Gastel erklärte, die Bußgelder für Geschwindigkeitsüberschreitungen seien im europäischen Vergleich niedrig und könnten „Unvernünftige kaum zur Vernunft bringen“. Auch hier gelte es anzusetzen. „Öffentliche Straßen sind keine Rennpisten, sondern Verkehrsräume, in denen Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen ist.“

ADAC sieht keinen Handlungsbedarf

Der ADAC sieht keine Notwendigkeit für Konsequenzen aus dem Vorfall. Der allergrößte Teil der Autofahrer verhalte sich regelkonform und halte sich an die Höchstgeschwindigkeiten, erklärt der Club. „Wer sich nicht an die Regeln hält, wird sanktioniert.“ Dafür gebe es den Bußgeldkatalog, der ja auch verschärft worden sei. In Einzelfällen könne es „natürlich immer wieder zu Ausreißern kommen. Daraus jedoch eine Konsequenz in Bezug auf die Motorleistung zu ziehen halten wir für nicht zielführend.“

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat verweist aus Anlass des Vorfalls auf einen Beschluss, in dem er fordert, dass Fahrer-Assistenzsysteme nicht nur bei Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit, sondern auch einer nicht angepassten Geschwindigkeit anschlagen sollen. Die EU schreibt für neue Fahrzeugmodelle bereits Fahrzeugassistenten vor, die eine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit anzeigen und ab 2024 auch für alle Neuwagen bestehender Modellreihen vorgeschrieben werden.

EU schreibt Tempo-Assistent vor

Diese Systeme schlagen aber nicht bei Fahrten mit einer Geschwindigkeit an, die zwar das Tempolimit einhält, den Verkehrsverhältnissen aber nicht angepasst ist. Nach der Straßenverkehrsordnung muss ein Fahrer sich nicht nur an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten, sondern das Tempo auch den „Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug“ anpassen.

Um die Akzeptanz solcher Systeme bei den Autofahrern nicht zu gefährden, hat die EU die Anforderungen an deren Funktionsumfang gering gehalten. So reicht es aus, wenn sie bei Überschreiten des Tempolimits einen Warnton von sich geben. Der Fahrer kann diesen nicht nur ignorieren, sondern das System auch abschalten. Es aktiviert sich dann erst wieder beim nächsten Neustart. Allerdings gibt es bereits Forderungen, die Möglichkeiten solcher Systeme zu erweitern und zu schnelles Fahren technisch unmöglich zu machen.