Mehrere Hundertschaften bahnen den Demonstranten den Weg Foto: Leif Piechowski

Rund 1000 Gegner des neuen Bildungsplans des Landes haben am Samstag in der Innenstadt demonstriert. Die Demo wurde von rund 300 Gegendemonstranten gestört, es kam zu Rangeleien und dem Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken.

Rund 1000 Gegner des neuen Bildungsplans des Landes haben am Samstag in der Innenstadt demonstriert. Die Demo wurde von rund 300 Gegendemonstranten gestört, es kam zu Rangeleien und dem Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken.

Stuttgart - Eine „Demo für alle“ sollte es sein, zumindest dem Titel der Veranstaltung nach. Doch die Protestveranstaltung, die von einem Bündnis mehrerer Bildungsplangegner am Samstag auf dem Schillerplatz begann, hatte wie gewohnt auch zahlreiche Demonstranten anderer Meinung auf den Plan gerufen. Sie gehören vorwiegend zur schwul-lesbischen Bewegung und zum politisch linken Spektrum. Zuletzt mussten 800 Polizisten den Demozug der Bildungsplangegner schützend eskortieren.

Nach Angaben der Polizei gehörten dem Zug 700 Demonstranten an, nach Veranstalterangaben waren es gar 1000 Personen. Sie wurden verbal von knapp 300 Gegnern attackiert, laut Polizei kam es zu etlichen Rangeleien, in deren Verlauf ein 50-jähriger Unbeteiligter von einem Böller leicht verletzt wurde. Die 800 Polizisten griffen mehrfach ein, insbesondere als Anhänger der Antifaschistischen Bewegung die Absperrgitter zu überwinden versuchten. „Bei den Störaktionen kam es zu einem Gerangel, bei dem wir Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzen mussten“, sagt Olef Petersen von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Stuttgart. Insgesamt kam es zu 100 vorläufigen Festnahmen; diese Demonstranten müssen nun mit Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz rechnen.

Die Redner der Bildungsplangegner feierten derweil ihre Bewegung als Erfolg. „Jetzt sollte der grün-rote Bildungsplan eigentlich verabschiedet werden. Und wir haben erreicht, dass er zumindest herausgezögert ist“, sagt Guillaume Got von La Manif Pour Tous, der französischen Vorbildbewegung für die „Demo für alle“. Er sieht den „Kulturkampf“ als europäische Angelegenheit und freut sich über das Erstarken der national-konservativen Parteien in Europa. Hubert Gindert, Vorsitzender des Forums Deutscher Katholiken, wurde noch deutlicher: „Es reicht nicht, dass der Bildungsplan der Landesregierung modifiziert wird. Er muss ganz gestoppt werden!“

Während unter den Demonstranten Einigkeit herrschte, dass der Bildungsplan gestoppt werden müsse, waren die Meinungen über den Umgang mit Homosexualität durchaus vielfältig. Volker Kempf von der AfD sieht Homosexualität als nichts Verwerfliches, fordert aber, dass sexuelle Fragen Erziehungssache der Elternhäuser sind. Dass er sich bei der „Demo für alle“ auch in Gesellschaft von radikaleren Gruppen befand, störte ihn nicht: „Ob hier ein paar Extremisten sind oder nicht – ich sehe hier anständige, bürgerliche Leute.“ Einige von ihnen vertraten jedoch einen unerbittlichen Standpunkt: „Homosexualität ist Gott ein Gräuel, aber zum Glück heilbar“, sagt eine 36-jährige Demonstrantin, die ihren Namen nicht nennen will, „man sollte Homosexuelle mit einer Bibel im Gefängnis einsperren.“ Maria Seiler (23) aus dem Ostalbkreis ist Anhängerin der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Identitären Bewegung. Sie fürchtet, dass die „sexuelle Identität von Kindern durch Frühsexualisierung zerstört“ werde. „Mir geht es um Heimat, Freiheit und Tradition.“

Christoph Ozasek, der für die Linke neu in den Stuttgarter Gemeinderat gewählt wurde, hatte sich als Beobachter dazugesellt. Ihn stört besonders, dass sich mit dem Kreisvorsitzenden Karl-Christian Hausmann die CDU an der Demonstration beteiligt hatte. „Der Redebeitrag von Herrn Hausmann hier zeigt, dass die Partei noch einen weiten Weg hat bis zu einem Großstadtmodell.“

Hedwig Beverfoerde, Koordinatorin der „Demo für alle“, betrachtete die Demonstration als vollen Erfolg. „Es ist schön, dass trotz des Regenwetters so viele gekommen sind.“ Man habe rechtsextreme Gruppen „gebeten, die Fahne einzupacken oder den Platz zu verlassen“, sagt Beverfoerde. Und der muslimische Redebeitrag hätte gezeigt, dass man sich vom rechten Spektrum distanziere.