Der Gemeinderat hat die nächtlichen Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt vom vergangenen Samstag scharf verurteilt. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Stuttgarter Stadträte fordern mehrheitlich ein „Nein zur Gewalt“. Doch nicht alle können sich mit dem Inhalt der von der CDU eingebrachten Resolution anfreunden. Derweil wehrt sich OB Kuhn gegen Vorwürfe aus den Reihen der Polizeigewerkschaft.

Stuttgart - Der Stuttgarter Gemeinderat hat am Donnerstagabend mit deutlicher Mehrheit in einer von der CDU-Fraktion eingebrachten Resolution die Krawalle in der Stuttgarter Innenstadt scharf verurteilt. In einer multikulturellen Stadt wie Stuttgart gebe es „keinen Platz für Gewalt und gewalttätige Auseinandersetzungen“, heißt es in der Entschließung. Zugleich stellte sich die Ratsmehrheit hinter die von den Gewaltexzessen am vergangenen Wochenende besonders betroffenen Polizeibeamten und Rettungskräfte. Es sei „erschreckend und abscheulich, mit welcher Lust (. . .) die Lebensgefahr von Freunden und Helfern in Dienstuniform in Kauf genommen wurde“. Es gelte nun, gemeinsam Maßnahmen und Aktivitäten anzugehen, damit sich solche Ausschreitungen nicht wiederholten.

Für die Resolution votierten neben der CDU auch die Grünen, die SPD, FDP und Freie Wähler sowie OB Fritz Kuhn (Grüne). Zu den Unterzeichnern gehören auch Laura Halding-Hoppenheit (Linksfraktion) und der Stadtrat Christian Walter (Fraktionsgemeinschaft PULS), die sich damit anders als ihre jeweiligen Fraktionskollegen positionierten. Auch Matthias Gottfried vom Linksbündnis votierte für die Entschließung. Die AfD, die bereits im Vorfeld der Sitzung einen „überwiegend migrantischen Mob und organisierte linksextreme Schläger“ für die Randale verantwortlich gemacht hatte, hatten die Initiatoren der Resolution außen vor gelassen – sie stimmte aber trotzdem dafür.

Kuhn: Über Migrationshintergrund nicht auf Kosten gut integrierter Flüchtlinge diskutieren

Zuvor hatte OB Kuhn im Beethovensaal der Liederhalle, wo das Plenum coronabedingt erstmals seit Wochen wieder in voller Besetzung tagte, Polizei und Rettungskräften Dank und Anerkennung der Stadt ausgesprochen. Es handele sich bei den Krawallen nicht um Jugendsünden oder alkoholbedingten Leichtsinn, sondern um schwere Straftaten: „Dafür gibt es keine Entschuldigung.“

Zugleich wies Kuhn Kritik aus den Reihen der Polizeigewerkschaft zurück, die Stadt habe bei den Problemen mit der Szene rund um den Eckensee lange weggeschaut. Der Rathauschef verwies darauf, dass Polizeipräsident Franz Lutz noch im Februar in einem Brief ans Finanzministerium als Eigentümer des Oberen Schlossgartens geschrieben habe, es gebe dort keinen Kriminalitätsbrennpunkt. Kuhn: „Wir haben nichts verschlafen.“ Man werde bei der Aufarbeitung der Ereignisse alle Aspekte, auch den Migrationshintergrund vieler randalierender Jugendlicher, mit einbeziehen. „Aber wir führen diese Diskussion nicht auf dem Rücken der vielen gut integrierten Flüchtlinge in unserer Stadt“, sagte Kuhn.

Teilen des Linksfraktion und der Wählervereinigung PULS schmeckt Resolutionstext nicht

Sprecher aller Fraktionen äußerten sich bestürzt über das Ausmaß der Gewalttaten und Plünderungen. Grüne und SPD plädierten hinsichtlich der angestrebten „Optimierung“ (Kuhn) der Sicherheitspartnerschaft mit dem Land für einen Erfahrungsaustausch mit anderen Städten, für mehr Streetworker und für mehr Zusammenarbeit mit anderen Landkreisen. Dem schloss sich auch die CDU an. Fraktionschef Alexander Kotz warf aber auch die Frage auf, was man mit jenen Jugendlichen tun solle, die nicht integrationswillig seien. FDP-Stadträtin Sibel Yüksel nannte als mögliches Motiv den „narzisstischen Selbstdarstellungswahn“ junger Männer. Hannes Rockenbauch (Linksfraktion) und Thorsten Puttenat (PULS) begründeten die mehrheitliche Stimmenthaltung ihrer Kollegen damit, das Papier setze zu wenig auf die Ursachenerforschung; Recht und Ordnung allein sei keine Lösung. AfD-Sprecher Christian Köhler sagte, seine Partei haben immer vor den Gefahren einer multiethnischen Gesellschaft gewarnt.