Das Fasten wird von heute an mit Süßem belohnt Foto: dpa

Der Ramadan ist die Fastenzeit der Muslime. Seit mehr als zwei Wochen dürfen sie tagsüber weder trinken noch essen, auch Vergnügungen sind nicht erlaubt. Heute aber endet die Fastenzeit, und die Familien bereiten das Zuckerfest vor, das heute Abend beginnt und bis zu drei Tage andauern kann.

Stuttgart - Der 44-jährige türkische Bauarbeiter Hüseyin Dönmez sagt: „Nichts essen ist kein Problem, aber ohne Zigaretten ist es schwierig!“ Der Ramadan ist keine leichte Zeit für gläubige Muslime, und umso mehr freuen sie sich aufs Zuckerfest, das Fest des Fastenbrechens. Es beginnt heute und kann bis zu drei Tage dauern.

Es liegen vier schwere Wochen hinter den Muslimen, besonders bei den heißen Temperaturen der vergangenen Tage. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, insgesamt 16 Stunden am Tag, wird nichts gegessen oder getrunken, werden keine Zigaretten geraucht, und es gibt keinen Sex. Die Männer geben den Frauen nicht einmal die Hand. Einen Monat lang gewöhnt man sich einen anderen Rhythmus an. Es dauert vielleicht drei oder vier Tage, bis man nichts von diesem anderen Rhythmus spürt.

Was leider im alltäglichen Leben nicht immer regelmäßig vorkommt, passiert bei jedem Fastenbrechen während des Ramadan – abends wird im großen Kreis gemeinsam gegessen: mit der Familie, mit Freunden, Bekannten. Alle setzen sich zusammen an den Tisch zum sogenannten Iftar, dem Fastenbrechen. In manchen Firmen ist es Brauch, dass das Abendessen von den muslimischen Mitarbeitern in einem schönen türkischen oder arabischen Restaurant organisiert wird. Die türkische Ingenieurin Deniz Kutlu sagt: „Wir laden alle Kollegen ein, nicht nur die Muslime. Aber meistens können Nichtmuslime nicht bis 21.30 Uhr bleiben.“

Das Fastenbrechen folgt einem vorgegebenen Rhythmus: Nach Iftar kommt das Nachtgebet in der Moschee. Es beginnt um 22.30 Uhr. Viele besuchen die Moschee an diesem Tag. Dort spricht der Hodscha, und danach wird zusammen gebetet. Etwas später nimmt man zusammen das Essen vor der Morgendämmerung ein, Sahur genannt. Zumeist stehen dazu eine Suppe und der Rest von Iftar auf dem Tisch.

Obwohl die Hodschas sagen, dass das Fasten ein Muss ist, gibt es viele Muslime, die nicht fasten. Die Gründe sind unterschiedlich. Entweder, weil man während des Ramadans zulegt hat und es später schwierig ist, diese Kilos wieder loszuwerden. Oder aus gesundheitlichen Gründen. Doch aus Respekt wird das Essen und Trinken in der Öffentlichkeit auch von jenen vermieden, die nicht fasten.

Diejenigen, die mitmachen, empfinden Ramadan als eine Zeit der Ruhe, als Rückzug vom Alltagstress. Der Körper reinigt sich. Es ist eine Pause zwischendurch. Als Kind habe ich meine Großmutter gefragt: „Warum fasten wir?“ Sie sagte: „Der liebe Gott hat immer einen guten Grund, und es steht so im Koran.“ Mehr dürfe ich nicht fragen.

Am Morgen des Zuckerfestes betet man in der Moschee und besucht danach den Friedhof. Dort wird für die Verstorbenen gebetet, man liest einige Gebete aus dem Koran.

Die Zeit danach ist aber ist dem Leben gewidmet: Die ganze Familie frühstückt bei einem Verwandten. Es ist ein großes Treffen aller Onkel, Tanten, Großeltern, Kinder und Enkel. Die Kinder bekommen in einem Taschentuch aus Stoff einen kleinen Geldbetrag von den Großeltern zugesteckt, und es werden viele Süßigkeiten gegessen. Das mehrtägige Zuckerfest ist auch die Zeit, in der die Jüngeren die älteren Verwandten zu Hause besuchen. Ist das Zuckerfest vorbei, sind es noch mehr als zehn Monate bis zum nächsten Ramadan.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn grüßt die muslimischen Einwohner Stuttgarts anlässlich des Fastenbrechens. „Dreißig Tage des gesegneten Ramadan sind nun vorbei. Eine intensive Zeit der körperlichen Enthaltsamkeit liegt hinter Ihnen. Gebet, Andacht, Solidarität und Besinnung haben Ihnen neue Kraft und Orientierung verliehen“, teilt er in einem Schreiben mit.

Muslimische Gemeinden und muslimisches Leben seien in Stuttgart zur Selbstverständlichkeit geworden. Dass sich Muslime für gegenseitigen Respekt und ein friedliches Miteinander von Menschen unterschiedlichster Herkunft einsetzen, „trägt zur Lebensqualität unserer Stadt bei“, so Kuhn. Er beglückwünscht „all jene, die das Fest des Fastenbrechens feiern“, „möge der Zugewinn des Fastenmonats Sie begleiten“, schreibt der OB.