Ralph Morgenstern wurde als TV-Moderator für Klatsch und Tratsch bekannt. Dabei brennt er für die Schauspielerei. Als er sich outete, bekam er prompt keine interessanten Filmrollen mehr angeboten. Doch das hat sich geändert. Derzeit ist er in Stuttgart im Musical „Sugar“ zu sehen.
Es scheint dazuzugehören: Spricht man mit Schauspielern, kann man sicher sein, dass sie früher oder später beteuern, wie dankbar sie sind für diese Rolle oder jenen Film. Auch Ralph Morgenstern ist dankbar, dass er in der Bühnenfassung von „Manche mögen’s heiß“ den Millionär Osgood Fielding spielen darf, der sich in einen Mann in Frauenkleidern verliebt. Nach mehreren Wochen in Berlin kam „Sugar“ im Dezember ins Alte Schauspielhaus nach Stuttgart, wo Morgenstern nun Abend für Abend auf der Bühne steht. An Silvester gab es sogar eine Doppelvorstellung. Bei aller Dankbarkeit ist das auch harte Arbeit.
Theater heißt für ihn, etwas Einzigartiges zu erschaffen
Trotzdem nimmt man Ralph Morgenstern sofort die Begeisterung für seinen Beruf ab. „Man muss sich die Leute erobern“, sagt er, „man erschafft mit dem Publikum etwas Einzigartiges, das ist geil, das ist toll.“ Morgenstern könnte stundenlang von Billy Wilder erzählen, der mit „Some like it hot“ Filmgeschichte schrieb. Und wenn man ihn so erzählen hört von den Dreharbeiten damals mit Marilyn Monroe und Jack Lemmon und von Frank Sinatra, der dann doch ausgestiegen sei, dann klingt es grad so, als stünde Morgenstern nun mit ihnen im Alten Schauspielhaus auf der Bühne.
Lust auf Klatsch und Tratsch
Dabei ist bei der Produktion eigentlich Morgenstern der Promi. Er wurde bekannt als Fernsehmoderator von „Kaffeeklatsch“ im ZDF, einer munteren Talkrunde, in der über die Schönen und Reichen getratscht wurde. Ihn haben die Homestorys von Promis schon immer interessiert – auch wenn achtzig Prozent davon ohnehin nicht stimmten, wie er sagt.
Trotzdem war Klatschmoderator keine typische Tätigkeit für einen, der in erster Linie Schauspieler ist, wobei Morgenstern den Eltern zuliebe eine Ausbildung als Erzieher machte, statt auf die Schauspielschule zu gehen. Mit zwanzig gründete er die Kölner Band Gina X Performance, die sogar mehrere Platten veröffentlichte. Er versuchte sich als Künstler und bekam schließlich erste kleine Rollen beim WDR und beim Theater. Das war der Anfang.
Ein Nein schadet in der Branche
Wer weiß, ob Ralph Morgenstern heute „Tatort“-Kommissar wäre oder Hauptrollen beim ZDF-Herzkino hätte, aber er outete sich früh. „Wenn man das macht, geht das Rollenangebot ziemlich schnell nach unten“, erzählt er, „ich wurde angefragt für den schwulen Friseur, den schwulen Nageldesigner, für den schwulen Innenausstatter und die Transe.“ Er hat stets abgelehnt – und musste schnell erfahren, dass einem ein Nein in der Branche als Undankbarkeit ausgelegt wird. Auch da scheint Dankbarkeit zum Berufsethos zu gehören.
Morgenstern hat vor allem Theater gespielt
Geschadet hat es ihm nicht, dass kaum noch Rollenangebote kamen. Dabei hätte er gegen eine schwule Hauptrolle nichts einzuwenden gehabt, „aber um nur im Fummel reinzukommen und ,Hi‘ zu sagen, dafür bin ich mir zu schade, das ist nicht mein Begriff von Schauspielerei.“ Also spielte er Theater und war viele Jahre festes Ensemblemitglied im Kölner Schauspielhaus, auch noch, als seine Fernsehshow bereits Woche für Woche lief. Auch das war harte Arbeit, zwischen Proben und Vorstellungen im Theater noch Sendungen zu produzieren. Trotzdem legte Morgenstern Wert darauf, nicht nur vorgegebene Fragen abzulesen. „Ich habe mir redaktionelle Mitarbeit im Vertrag zusichern lassen.“
Als VIP gern gesehen auf Partys und Premieren
Durststrecken gab es auch, aber Morgenstern ist längst „in der komfortablen Situation, dass die Angebote kommen“, wie er erzählt. Es sind nicht nur Rollenangebote, oft wird er für Wohltätigkeitsveranstaltungen angefragt, zumal er sich auch für die Belange der LGBTIQ-Community einsetzt. In den 1990er Jahren war Morgenstern im Theaterhaus in Wangen, was er da gespielt hat, hat er vergessen. Aber zu den Premieren in der Musical-Hall wird er immer wieder eingeladen und auch zu Partys bei Breuninger. Deshalb sagt er auf die Frage, was er von Stuttgart kennt, auch prompt: „Den Breuninger.“
Sogar ein Backbuch hat er geschrieben
Denn wie die meisten Schauspieler macht Ralph Morgenstern wenig, das nichts mit seinem Beruf zu tun hat. Viele Jahre besaß er ein Haus auf Ibiza, wo er zwischen all dem Trubel „aufs Meer geschaut hat“. Er backt gern, aber sein Backbuch „Meine liebsten Kuchen und Torten“ brachte er weniger deshalb heraus, sondern weil es zur ZDF-Kaffeeklatschrunde passte. Ihm ist es etwas unangenehm, dass er selbst so gut wie nie ins Theater geht. Aber wenn man sechs Abende die Woche spiele, dann wolle man am siebten Abend nicht auch noch Stücke anschauen.
Berlin ist die ideale Stadt fürs Alter
Inzwischen ist Ralph Morgenstern 66 Jahre alt. Wenn er mal nicht verreist ist, lebt er im „schönen Charlottenburg“. Berlin sei die ideale Stadt, um alt zu werden, meint er. „Viele Seen, Wald, ganz viel Kultur, supergeschichtsträchtige Stadt“, wobei er so schnell sicher nichts davon nutzen wird. Denn wie die meisten Schauspieler kann sich auch Ralph Morgenstern kein Leben ohne Rampenlicht vorstellen.
Apropos Berlin: Hat das Publikum am Schlosspark-Theater anders auf „Sugar“ reagiert? Die Berliner, so Morgensterns Erfahrung, klatschen im Musical schneller und mehr mit. Seine Sympathien liegen da eher bei den Stuttgartern. „Ich klatsche auch nicht gern mit“, sagt er, „von daher bin ich den Zuschauern nicht böse, wenn sie es auch nicht tun.“
Herz im Ruhrgebiet
Person
Geboren wurde Ralph Morgenstern in Mühlheim an der Ruhr. Er hat lange in Köln gelebt , wo er zeitweise auch mit seiner Tochter ein Café betrieb. Obwohl er der Region eng verbunden ist, verließ er Köln vor zehn Jahren und zog nach Berlin.
Vorstellungen
„Sugar“ wird im Alten Schauspielhaus in Stuttgart bis 28. Januar dienstags bis samstags gespielt.