Sébastien Ogier nebelt sich ein: Der Franzose verteidigte im VW Polo-R in Spanien seinen WM-Titel. Foto: Getty

Sébastien Ogier hat den Titel in der Rallye-WM verteidigt. Der Franzose peilt eine Dominanz wie Rekordchampion Sébastien Loeb an – dem er indirekt seinen Vertrag bei VW verdankt.

Salou - So schmeckt der Triumph in Spanien und die erfolgreiche Titelverteidigung noch viel, viel süßer. Mit einem innigen Kuss von Ehefrau und TV-Moderatorin Andrea Kaiser feierte Sébastien Ogier in Salou an der Costa Dorada seinen zweiten Weltmeister-Titel in der Rallye-WM (WRC). Auch Beifahrer Julien Ingrassia fiel der 30 Jahre alte Franzose um den Hals, auf Küsse allerdings verzichtete er; darauf hatte lediglich Andrea Kaiser Anspruch. „Ein großartiges Gefühl zum zweiten Mal Weltmeister zu werden“, jubelte Ogier, „diese Titelverteidigung war hart erkämpft. Heute werden wir eine ordentliche Party feiern, so viel ist klar.“

Der alte und neue Champion hat mit dem Sieg in Spanien den Vorsprung auf Teamkollege Jari-Matti Latvala auf 31 Punkte ausgebaut, damit war er uneinholbar weggezogen – nur maximal 28 Zähler sind beim Saisonfinale in Großbritannien zu vergeben. Auf dem Weg zum zweiten Titel musste Ogier am letzten Tag aber noch zittern. Sein finnischer VW-Kollege hatte eine wilde Aufholjagd gestartet, letztlich rettete Ogier gut elf Sekunden Vorsprung ins Ziel. „Die Ziellinie war sehr willkommen“, gestand der VW-Polo-Pilot. „Ich habe noch einmal alles gegeben, aber es war nicht genug. Nächstes Jahr werde ich 30 – vielleicht bin ich dann auf dem gleichen Level“, sagt Latvala.

Mit dem zweiten Triumph von Ogier bleibt Rallye fest in der Hand der Sébastiens. Von 2004 bis 2012 hatte Rekordweltmeister Sébastien Loeb die WRC zu seinem Monopol erklärt und den WM-Pokal nicht hergegeben. Da sich der Elsässer Ende 2012 aus dem Rallye-Tross verabschiedet hatte, schnappte sich Ogier das Zepter – und rückt es seitdem nicht mehr raus. Loeb sandte seine Glückwünsche per Twitter an den Nachfolger, sie waren sicher ehrlich gemeint, auch wenn die beiden Rennfahrer zuletzt ein Verhältnis pflegten wie das eines Eisbären zur Sauna.

Das war nicht immer so. Als Ogier 2010 seine erste Rallye als Fahrer des Citroën-Juniorteams gewonnen hatte, feierte Loeb mit dem gut zehn Jahre jüngeren Kollegen. Doch nachdem Ogier zum Werkpiloten befördert worden war, fühlte Platzhirsch Loeb mehr und mehr dessen Bedrohung. In Griechenland 2011, wo der aus Gap stammende Ogier siegte, tobte Loeb und kritisierte die Citroën-Bosse, sie hätten ihm nicht ausreichend taktische Unterstützung gewährt. Danach knallte es zwischen Ogier und Loeb – der Rallye-Star hatte in Deutschland den Nummer-eins-Status verlangt und ihn erhalten, das Rallye-Sternchen durfte nicht angreifen. Weil Loeb durch einen Plattfuß zurückgeworfen wurde, siegte Ogier und ätzte: „Es gibt noch Gerechtigkeit auf dieser Welt.“

Der Bruch war nicht zu kitten, Ogier suchte sein Glück in der Fremde – Citroën und der aufmüpfige Kronprinz lösten Ende 2011 den Vertrag. Wenig später bandelte der Franzose mit Volkswagen an. Gesucht und gefunden: VW benötigte einen mit allen Wassern gewaschenen Fahrer, der den für 2013 anvisierten WM-Einstieg vorbereiten sollte; Ogier erhielt einen Job mit grandioser Perspektive – immerhin hatte der Auto-Gigant das Ziel Titel proklamiert. 2012 überbrückte Ogier mit Tests für den Polo-R sowie dem Start in der WM in einem unterlegenen Skoda Fabia.

Seitdem sind alle Beteiligten selig über die Symbiose. Kürzlich hat VW die Vertragsverlängerung mit Ogier, Latvala und Andreas Mikkelsen (Norwegen) verkündet. „Wir haben die drei besten Rallye-Fahrer. Kontinuität ist im Motorsport ein wichtiger Erfolgsfaktor“, sagte Motorsportdirektor Jost Capito. 2015 peilt Sébastien Ogier Titel Nummer drei an, und vielleicht greift der Mann aus Gap im Lauf der Jahre sogar die Rekordmarke von neun Titeln seines wenig geliebten Lehrmeisters Loeb an. Zuzutrauen ist es ihm aus heutiger Sicht durchaus.