Die Rakete Sojus 2.1a hebt unter den Augen des russischen Präsidenten Wladimir Putin vom Kosmodrom Wostotschny ab. Foto: AFP / POOL

Fauchend hebt erstmals eine Rakete vom Kosmodrom Wostotschny ab. Der Start nach zahlreichen Skandalen gilt nicht nur für Moskau als Meilenstein. Was plant die russische Raumfahrt als nächstes?

Wostotschny - Nach einer Verzögerung hat Russland die erste Rakete von seinem neuen Weltraumbahnhof Wostotschny ins All gestartet. Im zweiten Anlauf hob die Sojus-2.1a am Donnerstag um 4.01 Uhr MESZ mit drei Satelliten ab. Das Staatsfernsehen zeigte, wie die Rakete mit einem langen Feuerschweif in den blauen Himmel schoss. „Das ist ein bedeutender Schritt in der Entwicklung der russischen Raumfahrt“, sagte Präsident Wladimir Putin. Er war eigens für die Premiere aus dem rund 8000 Kilometer entfernten Moskau angereist.

Ursprünglich sollte die Rakete schon am Mittwoch abheben. Ein Defekt hatte dies aber unmittelbar vor dem Start verhindert. Der Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Igor Komarow, sagte, es habe ein Problem mit einem Kabel bei der Sojus gegeben. Dieses sei ersetzt worden.

Zu Ehren des russischen Raumfahrtpioniers Juri Gagarin hatten die Hersteller die Sojus mit einem riesigen Konterfei des ersten Menschen im All verziert. Die Rakete flog zunächst über das dünn besiedelte Sibirien und setzte dann rund 500 Kilometer über der Erde die Satelliten „Lomonossow“, „Aist-2D“ und „SamSat-218“ aus. Sie sollen unter anderem Lichtphänomene untersuchen und Strahlungswerte messen.

Wostotschny ist das erste zivile Kosmodrom auf russischem Gebiet. Die Inbetriebnahme gilt nicht nur für Russland als Meilenstein. Auch die US-Behörde Nasa und die Europäische Raumfahrtagentur Esa wollen die Anlage mitnutzen. Esa-Chef Jan Wörner gratulierte Roskosmos zum erfolgreichen ersten Start.

In Wostotschny ist bisher eine der geplanten sieben Startrampen betriebsbereit

Bei plus zwölf Grad Celsius und Sonnenschein verfolgte Putin das Abheben der Sojus gemeinsam mit Komarow. „Sie haben Grund, stolz zu sein“, sagte Putin in einer Ansprache an das Personal. „Es gibt noch viel zu tun“, fügte er hinzu. Mit dem Start fange die Arbeit erst an.

In Wostotschny ist bisher eine der geplanten sieben Startrampen betriebsbereit. „Für 2017 planen wir zwei und für 2018 sechs Starts“, sagte Komarow. Von dem Gebiet am Amur-Fluss sollen bis 2030 erstmals auch Kosmonauten zum Mond und später zum Mars fliegen.

Komarow kündigte an, in Kürze solle der Bau der Infrastruktur beginnen, die für den neuen Raketentyp Angara ab 2021 und bemannte Flüge ab 2023 nötig ist. Beim Erststart seien rund 20 kleine Mängel entdeckt worden, aber alles in allem habe das Kosmodrom funktioniert.

Der Ausbau von Wostotschny stellt Russland vor eine finanzielle Herausforderung. „In den kommenden zwei Jahren werden unsere Mittel begrenzt sein“, meinte Komarow. Angesichts einer schweren Rezession musste Russland sein bis 2025 geplantes Raumfahrtbudget kürzen. Die Kosten für die neue Anlage belaufen sich Medien zufolge auf bislang umgerechnet fünf Milliarden Euro. Die Regierung gibt weniger an.

Die Raumfahrtnation Russland will sich mit Wostotschny unabhängig machen von ihrem Kosmodrom Baikonur, das sich seit dem Zerfall der UdSSR im zentralasiatischen Kasachstan befindet. Moskau zahlt für Baikonur jährlich etwa 100 Millionen Euro Pacht, der Vertrag läuft bis 2050.

Während der sechsjährigen Bauzeit von Wostotschny hatte es erhebliche Probleme gegeben. So hatten Arbeiter wegen ausstehender Löhne gestreikt, Funktionäre waren wegen Unterschlagung festgenommen worden. Den Schuldigen drohe eine „harte Pritsche im Gefängnis“, sagte Putin.