Für gute Laune und ein großes Herz war er bekannt: Der 2020 verstorbene Grünen-Stadtrat Aytekin Celik wollte seine letzte Ruhestätte im Weltall finden. Seine Familie erfüllt diesen Wunsch. An diesem Montag startet in den USA die Rakete mit seiner DNA.
Aytekin Celik ist nicht allein. 250 Gedenkkapseln befinden sich an Bord einer Trägerrakete, die am Montagvormittag von Cape Canaveral (US-Bundesstaat Florida) in die unendlichen Weiten des Alls geschossen worden ist. Die US-Firma Celestis organisiert diesen „Memorial Spaceflight“.
Weil die teuren Weltraumbestattungen selten sind und die Nachfrage danach relativ groß ist, hat es dreieinhalb Jahren gedauert, bis die DNA des früheren Grünen-Stadtrats die letzte Reise antreten kann. Der Star-Wars-Fan hatte sich außerdem gewünscht, im Kostüm des guten Jedi-Ritters Obi-Wan Kenobi samt Leuchtschwert beerdigt zu werden.
Der 1970 in der Türkei geborene Stuttgarter wird in der US-Rakete „begleitet“ von Ikonen der Serie „Star Trek“. Mit dabei sind (erneut mit Teilen ihrer Asche): Enterprise-Erfinder Gene Roddenberry und seine Ehefrau Majel Barrett, die in der Serie die Schwester Chapel mit der blonden Betonfrisur spielte und darüber hinaus die Stimme des Bordcomputers war. Außerdem stehen auf der Bestattungsliste des Weltraumflugs: Technikchef Scotty (James Doohan), der ewig an Spock herumnörgelnde Dr. Leonard McCoy (DeForest Kelley) sowie die Kommunikationsoffizierin Lt. Uhura (Nichelle Nichols).
Die Bestattung im All kostet etwa 13 000 Dollar
Allerdings sind lediglich ein paar Gramm Asche oder Speichel mit der DNA der Gestorbenen in lippenstiftgroßen Kapseln erlaubt. Dafür zahlt man knapp 13 000 Dollar. Die Star-Wars-Filme haben Celik, der als Dreijähriger mit den Eltern nach Geislingen gezogen ist, schon in früher Jugend in den Bann gezogen. Als Fan der ersten Stunde bezeichnete er sich. Intensiv hat er sich mit dem Stoff, den Figuren und Mythen rund um diesen fiktiven Krieg der Sterne beschäftigt. Für den Stadtrat war Star Wars wie kaum ein anderes populäres Filmwerk geeignet, sich mit dem Wesen der Demokratie zu beschäftigen und junge Leute für Demokratie zu sensibilisieren. „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“, sagte Celik, der als Bildungsreferent beim Stadtjugendring gearbeitet hat, einmal in einem Vortrag über das Filmepos.
Der an Krebs erkrankte Aytekin Celik lehnte es in den Tagen vor seinem Tod im Krankenhaus ab, sich mit Morphium behandeln zu lassen. „Er wollte mit vollem Bewusstsein uns verlassen“, berichtet seine Schwester Güldane Ö. „Er sagte, er will mich immer noch erkennen, wenn ich zu ihm komme.“ Sie kam jeden Tag, war dabei, als ihr Bruder – er war 50 Jahre alt – an einem Morgen sagte, er wolle jetzt gehen.
Nach seinem Tod war die Anteilnahme sehr groß. Ihr Bruder, hörte die Schwester immer wieder, sei ein feiner Kerl gewesen, liebenswert,herzlich, humorvoll, feinfühlig, hilfsbereit und immer zuverlässig. Viele haben den Start der Trägerrakete am Montag verfolgt, die live im Internet übertragen worden ist. Unter Tränen hat seine Schwester Güldane zugeschaut. „Er fehlt mir sehr“, sagt sie.
Ihr Dank gilt den Freunden und den Kollegen, die einen Teil der hohen Kosten für die Weltraumbestattung übernommen haben – 5000 Euro kamen durch Spenden zusammen. Den Rest hat die Familie bezahlt. „Aytekin würde sich sehr darüber freuen, dass es geklappt hat“, sagt Güldane Ö. Kurz vor seinem Tod hatte man ihm Speichel für die Kapsel entnommen. „Er wusste also, dass wir seinen letzten Wunsch erfüllen.“
Die Weltraumbestatter der Firma Celestis peilen eine Reise von etwa 300 Millionen Kilometern an, was jenseits des Mondorbits liegt. Erst dann werden die Kapseln freigesetzt. Das soll verhindern, dass die Kapseln von der Erde angezogen werden.
Eine Weltraumbestattung gibt es auch im Star-Trek-Kinofilm „Der Zorn des Khan“ aus dem Jahr 1982. Am Ende wird der verstorbene Spock in einem Photonen-Torpedo als Sarg auf den Planeten Genesis geschossen. Im folgenden Film „Auf der Suche nach Mr. Spock“ wird der Vulkanier mit den spitzen Ohren dank seiner Weltallreise plötzlich wieder lebendig. Die Erinnerung an Aytekin Celik ist in Stuttgart auch dreieinhalb Jahre nach seinem Tod äußerst lebendig.