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Ex-Kickers-Trainer Rainer Zobel über die Mentalität und Chancen der WM-Gastgeber.  

Pretoria - Seit einem Jahr betreut der frühere Bundesligaprofi Rainer Zobel den südafrikanischen Erstligisten Moroka Swallows. Mittlerweile kommt er mit der südafrikanischen Mentalität gut zurecht. "Das Schlimmste war am Anfang die Unpünktlichkeit", sagt der ehemalige Trainer der Stuttgarter Kickers.

Herr Zobel, wo erwischen wir Sie gerade in Südafrika?

Ich bin zu Hause in Braunschweig. Im ganzen vergangenen Jahr war ich gerade mal eine Woche hier, und meine Familie hat mich über Weihnachten in Johannesburg besucht. Jetzt nutze ich die spielfreie Zeit, um mal wieder in Deutschland zu sein.

Spielfreie Zeit? Sie sind gut: Südafrika freut sich auf das größte Fußballfest seiner Geschichte.

Ja, schon, aber die Liga hat jetzt Pause. Wir beginnen erst am 5. Juli mit der Vorbereitung auf die neue Saison.

Sie betreuen seit Juli 2009 die Moroka Swallows. Wie läuft es?

Wir waren Tabellenachter, punktgleich mit dem Sechsten, und haben uns für den Ligapokal qualifiziert, der vor der nächsten Saison ausgespielt wird. Deshalb trainieren wir auch schon früher als die anderen.

Wie erleben Sie als deutscher Trainer den südafrikanischen Fußball?

Ich hatte schon schlechtere Bedingungen. Die Betreuung der Spieler ist nicht mit den deutschen Profiligen vergleichbar, Physiotherapeuten sind her selten, die ganze medizinische Seite kann verbessert werden. Das bedeutet auch, dass man anders trainieren muss, weil man längere Regenerationsphasen einplanen muss. Von dieser Seite her ist das für mich ein Schritt zurück in die 1970er Jahre.

Wie passt ein Trainer, der an Disziplin und Ordnung gewöhnt ist und diese einfordert, zur südafrikanischen Mentalität?

Es geht. Das Schlimmste war am Anfang die Unpünktlichkeit. Die habe ich aber durch Geldstrafen in den Griff bekommen. Rituale spielen auch eine große Rolle. Die Spieler singen eine Viertelstunde vor dem Anpfiff in der Kabine. Ich habe dafür gesorgt, dass sie früher damit beginnen, damit ich ein paar Minuten Zeit habe, ihnen Anweisungen mit auf den Platz zu geben. Und dann ist da unser Zeugwart, der verbrennt vor dem Anpfiff in der Kabine aus Aberglaube oft ein Stück Pappe mit einem undefinierbaren Wachs. Er nimmt jetzt weniger davon, weil ich befürchte, dass das gesundheitsschädlich sein kann.

"Ich nehme mir immer einen Co-Trainer aus dem Land"

 Und sonst? Tappen Sie nicht ab und zu in ein Fettnäpfchen?

Das war in Ägypten schlimmer. Da hatte ich mal einen Spieler, der hat nie dorthin geschaut, wo er den Ball hingespielt hat. Ich habe zu ihm gesagt: Hör mal, in Deutschland haben wir Schäferhunde, die haben ein Gehör, das ihnen hilft. Aber der Mensch muss schauen.

Klingt nicht weiter schlimm.

Da sind Sie aber falsch gewickelt. In der arabischen Welt ist es so ziemlich das Schlimmste, einen Menschen mit einem Hund zu vergleichen. Das musste ich auch erst lernen.

Wie schützen Sie sich in Südafrika vor solchen Peinlichkeiten?

Ich habe die Lehre daraus gezogen und nehme mir immer einen Co-Trainer aus dem Land, in dem ich arbeite, egal wo.

Wie stark ist die südafrikanische Liga im Vergleich zur Bundesliga?

Das ist vergleichbar mit den unteren Clubs in der Ersten und den oberen in der Zweiten Bundesliga. Wenn wir gegen Topclubs wie die Orlando Pirates oder die Kaizer Chiefs spielen, kommen schon 35.000 Zuschauer. Gegen Freestate sind es nur 1000. Die Spieler sind vom Zuschauerzuspruch sehr abhängig. Sie reagieren sehr emotional. Wenn wenig Zuschauer da sind, spielen sie viel schlechter.

Was erwarten Sie von der Nationalmannschaft bei deren Heim-WM?

Das Problem ist, dass die südafrikanischen Profis nicht zielgerichtet genug sind. Wenn sie dreimal in Folge gewonnen haben, sind sie zufrieden, und dann verlieren sie auch wieder dreimal hintereinander. Das setzt sich bis in die Nationalmannschaft fort. Sie spielen gern für die Galerie und vergessen dabei das Toreschießen. Vergangenen Oktober hatte die Nationalelf in ihrem Länderspiel gegen Irland 70 Prozent Ballbesitz und hat 0:1 verloren. Bei der WM wird sie vielleicht durch die Begeisterung der Fans nach vorn gepuscht, das ist ihre kleine Chance.