Neunter Sieg bei den French Open: Rafael Nadal Foto: dpa

Rafael Nadal hat seine Rekordjagd fortgesetzt und zum neunten Mal die French Open in Paris gewonnen. Er besiegte dabei den Serben Novak Djokovic – und seine Schmerzen.

Paris - Ob sie sich nicht wirklich allmählich Gedanken machen sollten, dem Silberpokal für den Sieg im Stade Roland Garros einen anderen Namen zu geben? Zu Ehren von Jean Borotra, Jacques Brugnon, Henri Cochet und René Lacoste heißt er Coupe des Mousquetaires, aber jetzt gibt es einen, der das Ding ganz allein öfter gewonnen hat als die Helden der zwanziger Jahre zusammen.

Neunmal.

Rafael Nadal spricht nicht gern über die historischen Dimensionen seiner Taten. Er sagt nur: „Wir werden nach meiner Karriere sehen, wie viele Grand Salms ich habe.“ Aber welche Kraft und welche Gefühle daraus vor allem in Paris entstehen, das war auch diesmal nicht zu übersehen. „Ich war überwältigt“, sagte der Spanier nach dem 3:6 7:5, 6:2, 6:4 über den Serben Novak Djokovic, „diese Momente sind immer sehr speziell, denn du weißt nie, wie oft du noch ganz oben stehen wirst.“

Djokovic wird derweil weiter auf den Pokal der Musketiere warten müssen. Nie zuvor hatte er ein Endspiel nach dem Gewinn des ersten Satzes noch verloren, aber diesmal war er körperlich nicht in der Verfassung, Nadal bis zum Ende so unter Druck zu setzen wie bei seinen Siegen gegen den Spanier in New York 2011 und in Melbourne 2012. Für jeden, der nicht nur Nadals Erfolgs-, sondern auch seine Leidensgeschichte kennt, ist das eine erstaunliche Erkenntnis.

„Mein Rücken kann ziemlich unberechenbar sein. Ich versuche, mit dem Schmerz zu leben, aber ich möchte darüber am liebsten nicht reden“, sagte Rafael Nadal kürzlich und erklärte noch, dass der Schmerz sein ständiger Begleiter geworden. Seit dem ersten Sieg des Spaniers im Stade Roland Garros ein paar Tage nach seinem 19. Geburtstag im Juni 2005 verging tatsächlich kein Jahr, in dem er sich nicht mit einer mehr oder minder ernsthaften Verletzung beschäftigen musste. Es verging aber auch ebenso kein Jahr, in dem er nicht mindestens einen Grand-Slam-Titel gewann. „Was er geschafft hat, ist unglaublich und außergewöhnlich“, lobt ihn sein Onkel und Förderer Toni Nadal.

Alle Tennisspieler klagen, es zwicke fast immer hier und da, also wie lernt man diese schwierige Form der Koexistenz? Es gebe nur zwei Möglichkeiten, meinte Rafael Nadal: „Entweder du lässt den Kopf hängen – und das kann ich nicht – oder du versuchst, eine Möglichkeit zu finden, wie du mit dem Schmerz umgehen kannst.“ Es gibt keinen Zweifel, dass er das kann. „Was dieser Mann leistet, ist übermenschlich“, feierte ihn am Montag die spanische Tageszeitung „El Mundo Deportivo“.

Seine Serie von 31 Siegen seit der Paris-Premiere 2005 riss vier Jahre später bei der Niederlage im Achtelfinale gegen Robin Söderling, aber seitdem gibt es eine neue Serie von 35 aus der Zeit nach Söderling. Der Finalsieg über Djokovic war sein 66. Erfolg in Paris im 67. Match. Doch auch der neuerliche Triumph, der fünfte im Stade Roland Garros in Serie, erforderte eine Leidenzeit im Vorfeld.

Von den 15 Niederlagen, die Nadal in den zehn Jahren seit seinem ersten Titelgewinn auf Sand nicht verhindern konnte, kassierte er allein drei in den vergangenen Monaten; gegen David Ferrer in Monte Carlo, gegen Nicolas Almagro in Barcelona und gegen Djokovic kürzlich im Finale des Turniers von Rom. Einer vierten entkam er im Finale der Madrid Open nur knapp, weil der bis dahin großartig spielende Gegner Kei Nishikori aufgeben musste. Toni Nadal meinte hinterher: „Wer weiß, vielleicht ist die Zeit für eine Niederlage in Roland Garros gekommen.“ Doch dafür war die Zeit noch nicht reif – weil sein Neffe mal wieder alles aus sich herausholte.

Toni Nadal sagte, Rafa habe während eines Finales noch nie so gelitten wie diesmal. Was man schließlich sogar kurz nach der Siegerzeremonie sah, als Nadal den schweren Pokal zunächst für die obligatorischen Fotos stemmen wollte, dann aber wegen eines heftigen Krampfes im rechten Arm auf diese Variante verzichtete.

Nadal wird dennoch weiter die Nummer eins der Weltrangliste sein, in der Rekordliste des Tennis ist er mit 14 Siegen auf dem Niveau von Pete Sampras angekommen, nur noch drei Stufen von Roger Federer entfernt. Aber auch das interessiere ihn nicht weiter, versicherte der Spanier: „Ich folge meinem eigenen Weg.“ Mit einer eigenen Motivation abseits von Titeln und Rekorden. „Wenn du dich nicht jeden Tag fragst: Wie kann ich ein besserer Spieler werden“, sagt Rafael Nadal, „dann bist du erledigt.“