tritt wegen einer Verletzung nicht zu seinem Halbfinale gegen den Australier Kyrgios in Wimbledon an (Archivbild). Foto: dpa/Gerald Herbert

Rafael Nadal gegen Nick Kyrgios – der Unkaputtbare gegen den Bad Boy: Das Halbfinale am Freitag sollte eines der spektakulärsten Matches in Wimbledon werden. Doch dann sagte Nadal ab.

Nick Kyrgios sprach schon vom meistgesehenen Match der Tennis-Geschichte. Das Wimbledon-Halbfinale gegen Rafael Nadal werde ein echter Blockbuster, für jeden Menschen auf der Welt, tönte Australiens Wüterich. Doch dann machte sein Gegner ihm einen Strich durch die Rechnung. Der spanische Grand-Slam-Rekordchampion sagte wegen einer Bauchmuskelverletzung ab – der Unkaputtbare konnte nicht mehr.

„Wie alle gestern gesehen haben, leide ich unter Schmerzen in der Bauchgegend. Ich habe einen Riss im Muskel“, erklärte Nadal am Donnerstagabend auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. Der König der Schmerzen, der schon am Mittwoch gegen Taylor Fritz (USA) vor dem Aus gestanden hatte, muss passen. „Es macht keinen Sinn zu spielen, wenn ich meine Karriere fortsetzen will“, betonte Nadal.

„In den Bauchmuskeln ist irgendetwas nicht in Ordnung“

Schon im Viertelfinale schien Nadal am Ende, seine Aufschläge trudelten über das Netz, Fritz musste eigentlich nur noch abwarten. Vier Stunden und fünf Sätze später ging Nadal zum Handschlag nach vorne. Als Sieger. Seine lapidare Diagnose: „In den Bauchmuskeln ist irgendetwas nicht in Ordnung.“

Und es kam auch nicht mehr rechtzeitig in Ordnung. Das angeblich größte Match der Geschichte gegen den schillernden Bad Boy Kyrgios – es fiel aus. Weil selbst für Nadal die Schmerzen zu groß waren. Er sei es „gewohnt, Schmerzen zu haben“, hatte er am Mittwoch gesagt, aber „zweifellos war heute der schlimmste Tag. Es war eine deutliche Zunahme der Schmerzen und Einschränkungen.“ 

Sieben-Millimeter-Riss

Nach Informationen der spanischen Sporttageszeitung Marca hatte sich Nadal in der betroffenen Muskulatur einen Sieben-Millimeter-Riss zugezogen. Zunächst hieß es, er wolle aber dennoch versuchen, zu spielen, den ganzen Tag sei „diskutiert worden“ – bis sich der Spanier für die Aufgabe entschied.

Zweimal standen sich die beiden so unterschiedlichen Charaktere bislang in Wimbledon gegenüber: Im Achtelfinale 2014 gewann überraschend der damals 19-jährige Kyrgios, 2019 in der zweiten Runde hieß der Sieger Nadal. „Es wäre ein tolles Match, er ist ein unfassbarer Spieler und ein guter Typ“, sagte Kyrgios nach seinem mühelosen Viertelfinalsieg gegen den Chilenen Cristian Garin.

„Ich hasse es, mitten in einem Match auszusteigen“

Nach dem Rückzug Nadals steht der Wüterich, der polarisiert, wie es nicht einmal John McEnroe zu seinen besten Zeiten geschafft hat, erstmals in einem Grand-Slam-Finale. Steinig sei sein Weg gewesen, sagte er, aber jeder Schritt sei es wert gewesen. Zu Beginn des Jahres habe er gar nicht gewusst, ob er überhaupt eine richtige Planung für sein Tennisjahr zusammenkriegen würde – Depressionen und Suizidgedanken inklusive.

Nadal war schon im Viertelfinale von seinem Vater Sebastian und seiner Schwester Maria auf der Tribüne gestikulierend zur Aufgabe gedrängt worden. „Ich hasse es, mitten in einem Match auszusteigen“, sagte Nadal, „deshalb habe ich es einfach versucht, und es hat funktioniert.“ Wie schon so oft. Trotz chronischer Probleme mit dem linken Fuß, trotz lädierter Bauchmuskeln, trotz fortwährender Schmerzen.

Kyrgios muss in Wimbledon übrigens auf die Unterstützung seiner engsten Angehörigen verzichten. Seine herzkranke Mutter könne sowieso keine weiten Reisen mehr unternehmen, sagte er: „Und außerdem muss sie meine Hunde füttern.“