Unglücksort Hauptbahnhof: Ein entgleister IC am 29. September 2012 Foto: dpa

Nach den Entgleisungen zweier Intercity-Züge sowie eines Testzuges im Jahr 2012 im Stuttgarter Hauptbahnhof hat die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB) am Dienstag ihren Untersuchungsbericht vorgelegt und deutliche Kritik an der Bahn geübt.

Stuttgart - Ein zu enges Gleisvorfeld, überforderte Puffer an den Reisezügen und ein zu schwaches Regelwerk der Bahn AG im Umgang mit der Überschreitung von Sollwerten: Nach den Entgleisungen zweier Intercity-Züge sowie eines Testzuges im Jahr 2012 im Stuttgarter Hauptbahnhof hat die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB) am Dienstag ihren Untersuchungsbericht vorgelegt und deutliche Kritik an der Bahn geübt. Bei den Unfällen bei der Ausfahrt aus Gleis 10 im Juli, September und Oktober 2012 hatte es acht Leichtverletzte und ein Bahnchaos gegeben.

Die Untersuchungsbehörde stellt einen Zusammenhang mit der Verkürzung des Gleisvorfelds für den Bau von Stuttgart 21 fest. In einem „eng begrenzten Bereich“ sei die Trassierung maximal ausgenutzt worden, wodurch es zu einem „Abweichen von den Regelwerten und Soll-Vorgaben“ gekommen sei. In engen Kurven mit kurzen Zwischengeraden und kurz hintereinander folgenden Weichen konnten sich laut Ermittler zu hohe Andruck- und Verspannkräfte an den Waggonpuffern aufbauen, während von hinten die Lok den Zug schob. Die Bahn habe solche Abweichungen in ihrem internen Regelwerk grundsätzlich legitimiert, was „offensichtlich insbesondere wirtschaftlichen Erwägungen geschuldet“ sei.

Bei der Entgleisung eines Intercity am 24. Juli lag zudem ein Fehler an der Weiche 227 vor. Der Zug hätte gar nicht oder nur mit höchstens Tempo 20 ausfahren dürfen. Er beschleunigte aber auf 30 km/h. Am 29. September waren es knapp 40 km/h.

Die EUB stellt außerdem fest, dass die Pufferbauart für lange Reisezugwagen im Schiebebetrieb an Trassen mit engen Kurvenradien nur bedingt geeignet ist. Die Ermittler empfehlen, die Bauart vorsichtshalber in solchen Fällen „nicht mehr zum Einsatz zu bringen“. Die Bahn-Tochter DB Netz AG wird aufgefordert, Trassierungen stärker zu reglementieren. Die Anweisungen der Sicherheitsbehörde hinsichtlich der Nutzung von Gleis 10 stoßen aber auf keine Gegenliebe: Laut EUB hat die Bahn dagegen Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht.