Im Stuttgarter Gemeinderat steht der geplante Radschnellweg nach Fellbach politisch auf der Kippe. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Eine Allianz aus bürgerlichen Fraktionen, AfD und Linksbündnis im Stuttgarter Gemeinderat ist gegen die Pläne für den Radweg zwischen Fellbach und Stuttgart.

Stuttgart - Die Planungen für einen Radschnellweg zwischen Stuttgart und Fellbach stehen offenbar vor dem Scheitern. Nach Informationen unserer Zeitung zeichnet sich im Rathaus eine Mehrheit aus CDU, FDP, Freien Wählern und AfD einerseits und der Linksfraktion andererseits ab, die – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – dem geplanten Radler-Highway ihre Zustimmung versagen wollen. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC), der mit der Planung zunächst ebenfalls unzufrieden war, ist inzwischen zurückgerudert und rief die Stadträte dazu auf, das Konzept zu optimieren und dann abzusegnen.

 

Schon vor gut einer Woche hatte das Thema im Stadtentwicklungsausschuss die Gemüter erregt. Die Pläne der Stadt sehen vor, in mehreren Bauabschnitten einen drei Meter breiten Radstreifen entlang der Waiblinger und Nürnberger Straße zwischen Bad Cannstatt und Fellbach anzulegen, der zusätzlich auch von einer Schnellbuslinie aus dem Rems-Murr-Kreis nach Stuttgart genutzt werden könnte. Dafür soll in jede Richtung jeweils ein Fahrstreifen für Autos entfallen. Das grundsätzliche Plazet für das von Verkehrsminister Winfried Hermann aufgelegte und von Bund und Land geförderte Radschnellwegekonzept für die Region, das allein auf Stuttgarter Gemarkung 13 solcher High-Speed-Routen vorsieht, hatte der Gemeinderat 2020 mehrheitlich abgesegnet.

Auch die Linksfraktion lehnt die Planungen jetzt ab

Während die bürgerlichen Fraktionen und die AfD seinerzeit bereits erhebliche Bedenken gegen das Konzept geäußert hatten, zeigte sich die ökosoziale Ratsmehrheit überzeugt, dass man mit den Radschnellwegen vielen Berufspendlern eine überzeugende Alternative zum Auto anbieten und so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten könne. Mit im Boot der Befürworter damals saß auch das Linksbündnis.

Jetzt, da die Stadt eine erste Route zwischen Stuttgart und Fellbach entworfen hat und der entsprechende Förderbescheid vorliegt, stellt sich die Linksfraktion quer. Ihr verkehrspolitischer Sprecher Christoph Ozasek macht deutlich, dass seine Fraktion eine Führung des Radwegs entlang der Autofahrspurt nicht akzeptieren werde: „Das entspricht nicht den Qualitätsstandards, die wir uns selbst gegeben haben. Wir fordern, dass die Radfahrer eine getrennte Spur bekommen, die rechts neben den Parkplätzen verläuft. An dieser Stelle muss eine Grundsatzentscheidung herbeigeführt werden, auch wenn es dann zum Konflikt kommt.“

Der ADFC signalisiert seine Zustimmung – wenn auch unter Vorbehalt

Ozasek wirft den städtischen Radwegeplanern vor, diese Variante künstlich teuer zu rechnen, um so eine Mehrheit für die vorliegenden Planungen zu erreichen. Er verweist auf den Stuttgarter Radentscheid: Das Bürgerbegehren für ein fahrradfahrfreundliches Stuttgart hatte sich unter anderem auch für baulich voneinander getrennte Rad- und Autospuren ausgesprochen. Die wohl größte Fahrradlobby, der ADFC, hat sich dagegen von den Argumenten der Stadt überzeugen lassen: „Soweit wir heute wissen, würde die Planung einer Radverkehrsführung hinter den parkenden Fahrzeugen eine grundlegende Überarbeitung der Vorplanung erfordern. Dies hätte eine erhebliche Verzögerung nicht nur dieses Projektes, sondern auch anderer wichtiger Radverkehrsprojekte zur Folge“, heißt es in einem Schreiben des ADFC an die Stadträte und OB Frank Nopper, das unserer Zeitung vorliegt. Der ADFC plädiert stattdessen für Schwellen oder Minibaken als Abgrenzung zur verbleibenden Autofahrbahn. Für Ozasek ist das freilich kein Grund zum Einlenken: „Wir sind da als Fraktion in einer anderen Position.“

Für CDU, FDP, Freie Wähler und AfD ist die Radschnelltrasse dagegen ohnehin überdimensioniert. Die Radspur bei gleichzeitiger Wegnahme einer Fahrspur trage nur dazu bei, noch mehr Stau in Bad Cannstatt zu produzieren und sorge für Schleichverkehr in den angrenzenden Wohngebieten, argumentieren sie. Weil die Stadt zudem in Gesprächen mit der Nachbarkommune Fellbach eine weitere Zuflussdossierung des Verkehrs nach Stuttgart durch eine Neuprogrammierung der Pförtnerampel an der Gemarkungsgrenze anstrebt, drängt die CDU darauf, eine solche Regelung so lange auszusetzen, bis auch die Pförtnerampel Schmidener Straße weniger Autos pro Stunde durchlässt, um so dem Ausweichverkehr einen Riegel vorzuschieben.