Wer nicht gerade aus den Niederlanden kommt, wähnt sich in Kopenhagen im siebten Himmel für Radfahrer. Selbst schuld, wer bei so viel Herz für Biker nicht in die Pedale tritt und sich die Sehenswürdigkeiten erradelt.
Stuttgart - In unserer Serie "Bike and the City" strampeln wir mt Vergnügen durch Metropolen. Denn auf dem Fahrrad erlebt man diese ganz anders! Nicht als Tourist, sondern vielmehr als Einheimischer. Oft gibt es zahlreiche Radwege oder Touren extra für Biker. Im dritten Teil genießen wir Kopenhagen vom Radsattel aus. Zwei besondere Touren haben wir uns dafür ausgesucht.
Für Städte, bei deren Umgestaltung der radverkehr Vorfahrt hat, gibt es im Englischen bereits den Begriff „copenhagenize" zu deutsch „Kopenhagenisierung“. Nahezu jeder zweite Einwohner Kopenhagens pendelt mit dem Rad zur Arbeit, Uni oder Schule. Mit dem Fahrrad in Kopenhagen unterwegs zu sein, ist etwas ganz Selbstverständliches. Ein gut ausgebautes Radwegenetz motiviert zudem, das Auto stehen zu lassen und stattdessen in die Pedale zu treten. Wir machen es den Kopenhagenern nach, genießen Sightseeing und unbeschwertes Lebensgefühl bei unseren Touren durch die dänische Metropole auf dem Drahtesel.
Tour 1 - Hafenrunde
Zugegeben, die schlappen zehn Kilometer der Hafentour ließen sich auch zu Fuß machen. Aber mit dem Fahrrad ist es Kopenhagener Lebensgefühl pur. Zudem macht es schlicht Laune, die vielen Brücken auf dem Kurs mit dem Velo zu kreuzen.
Wir starten im Südwesten mit der Bryggebroen, einer Brücke ausschließlich für Radler- und Fußgänger. Sie führt über ein Hafenbecken, das den Stadtteil Amager Ost mit dem Zentrum verbindet. Nicht verpassen: Die Bryggebroen wird gesperrt, wenn Schiffe passieren müssen. Das Schauspiel wird von viel Blinken und Winken begleitet.
Wir radeln weiter Richtung Stadtmitte und über die Cycelslangen, eine weitere Fußgänger-Radweg-Brücke, die einen schönen Blick auf das Hafenbecken und die Skyline von Kopenhagen bietet. Am Hafenbecken entlang geht es weiter Richtung Osten und über – genau – eine Brücke, die Lille Langebro. Hier heißt es „Augen auf“, denn wir radeln vorbei am sehr schmucken Dansk Architecture Center (DAC) und machen dort einen Stopp. Denn ein Besuch lohnt sich.
Danach geht es weiter über die „Insel”, auf der das Parlament im Schloss Christiansborg sitzt, und schließlich mittenrein ins touristische Getümmel am Nyhavn. Hier drängen sich dicht an dicht die bunten Fassaden historischer Häuser, im Hafenbecken davor dümpeln kleine Boote und ein Restaurant reiht sich an das nächste. Auch hier gilt es freilich eine Brücke zu überqueren: Die Inderhavnsbroen bewegt sich regelmäßig zur Seite, um Schiffe passieren zu lassen – was an zwei sich Küssende erinnert. Daher hat die Inderhavnsbroen den hübschen Kosenamen „Kyssebroen” bekommen. Rübergemacht empfängt uns die „Broensgadekokken”, eine schier endlose Zahl an Streetfood-Buden. Hier muss eine Stärkung sein, denn danach gilt es eine Entscheidung zu fällen: denn die Trangravsbroen, nicht umsonst „Butterfly 3-Way Bridge“ genannt, hat eben drei „Arme“. Einen aussuchen und weiter geht es in Richtung Staatsoper und zur schnuckeligen Insel Nyholm. Im dortigen Marinestützpunkt liegen historische Schiffe vor Anker und können bestaunt werden. Schon wieder ein leichtes Hüngerchen? Kein Problem. Unweit von hier, im coolen Containerdorf mit Kunstgalerie und Brauerei lockt ein der Streetfood-Markt „Reffen” in Kopenhagens Künstlerviertel Refshaleøen. Hinsetzen, Bierchen trinken, Atmosphäre genießen, die Rückfahrt kann warten!
Tipp: Falls ihr die Tour im Sommer macht, Badehandtuch auf den Gepäckträger schnallen. Ihr kommt an mehreren Badeplätzen vorbei.
Tour 2: Schnitzeljagd
Das ist ein bisschen wie Schnitzeljagd auf einem Kindergeburtstag. Wir steigen aufs Fahrrad und machen uns voll Vorfreude auf die Suche nach den sechs hölzernen Riesen, die in den Wäldern der Kopenhagener Vororte lauern. Das Tolle daran: die 31 Kilometer lange Route führt uns durch zahlreiche dänische Landschaften - etwa durch Glostrup, Høje Taastrup, Albertslund und Valensbæk. Immer auf den Spuren der nachhaltigen Kunst, die Thomas Dambo mit seinen „Six Forgotten Giants“, seinen sechs vergessenen Riesen erschaffen hat. Alle aus lokalem Altholz und Recycling-Materialien. Der Hintergedanke des Künstlers: Die Kopenhagener sollen das schöne Umland der Metropole (neu) entdecken. Da sind wir dabei!
Fahrrad leihen in Kopenhagen
Leihräder in Kopenhagen kann man spontan an jeder Ecke mieten; dafür gibt es Anbieter wie Bycyklen oder Donkey Republic.
Regeln fürs Radeln in Kopenhagen
In Dänemark gibt es keine Helmpflicht für Radfahrerende. Gibt es einen Radweg, muss man diesen auch nutzen. Fußwege sind für Fahrräder verboten (wie in Deutschland auch). Zusätzlich zu den üblichen Handzeichen beim Abbiegen kündigt man in Dänemark mit der flachen erhobenen Hand an, dass man bremst. Wer mit dem Fahrrad links abbiegen will, fährt nicht auf der Linksabbiegerspur mit den Autos hinüber, sondern am rechten Fahrbahnrand um die Kreuzung „herum”, das ist der sogenannte „hook turn”.
In der S-Bahn dürfen Fahrräder kostenlos mitgenommen werden (einzige Ausnahme: Im Berufsverkehr darf man am Bahnhof Norrebro keine Fahrräder ein- oder ausladen). Für die Metro, andere Nahverkehrszüge und Busse muss man ein Fahrradticket kaufen, während des Berufsverkehrs sind Fahrräder hier nicht erlaubt.
Nach Sonnenuntergang muss man in Dänemark mit Licht radeln, sonst droht ein Bußgeld. Dasselbe passiert, wenn Radler mit defekten Bremsen erwischt werden, freihändig fahren und jemanden auf dem Gepäckträger oder auf dem Rahmenrohr mitnehmen. Und wer beim Radeln das Handy am Ohr hat oder über eine rote Ampel fährt, der zahlt eine saftige Strafe.
Weiterlesen in unserem Angebot:
Teil 1 der Serie: Paris mit dem Velo entdecken
Teil 2 der Serie: Wien mit dem Fahrrad neu entdecken