Die Anwohner machen den Radstreifen an der Waiblinger und Nürnberger Straße für den Schleichverkehr verantwortlich. Foto: Annina Baur

Der Radstreifen entlang der Waiblinger und Nürnberger Straße sorgt bei den Bewohnern der umliegenden Wohngebiete auch weiterhin für Unmut. Jetzt hat es eine offene Aussprache zwischen Anwohnern und Lokalpolitikern gegeben.

Bad Cannstatt - Während die Stadtverwaltung noch zählt, sind die Anwohner im Espan schon einen Schritt weiter. 240 Autos fahren laut der Arbeitsgruppe Verkehr, einer Gruppe von engagierten Bürgern, die sich das Thema Schleichverkehr auf die Fahnen geschrieben hat, zwischen sieben und neun Uhr morgens stündlich durch die Theodor-Veiel-Straße. Für die Zunahme des Schleichverkehrs machen die Anwohner den Radstreifen an der Waiblinger und Nürnberger Straße verantwortlich. „Die Situation im Wohngebiet hat sich drastisch verschlechtert“, sagte Jochem Wölfle von der Arbeitsgruppe am Donnerstagabend.

Die Espaner Aktionsgemeinschaft hatte Anwohner und Lokalpolitiker zu einer offenen Diskussionsrunde mit dem Titel „Espan im Gespräch – Thema Verkehr“ eingeladen. Rund 200 Bürger kamen in die Wichernkirche. Mit einem solchen Andrang hatten die Organisatoren nicht gerechnet. Die Veranstaltung musste kurzerhand in einen größeren Raum der Gemeinde verlegt werden. Auch der Cannstatter Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler sowie zahlreiche Stadt- und Bezirksbeiräte waren in den Espan gekommen. Die Moderation übernahm Paul-Stefan Roß, Professor an der Dualen Hochschule Stuttgart.

Laut den Grünen ist der Schleichverkehr nicht neu

Doch auch, wenn sich dieser um einen sachlichen Argumentationsaustausch bemühte, wurde die Diskussion zum Teil recht hitzig geführt. Die Positionen der politischen Lager sind klar. Roland Schmid, der Sprecher der CDU-Bezirksbeiratsfraktion, betonte, dass „der Straßenraum ohne Grund beschränkt wurde“. Gerhard Veyhl, Bezirksbeirat der Freien Wähler, meinte: „Der Fahrradweg sitzt an der falschen Stelle.“ Die Grünen-Stadträtin Andrea Münch hielt dagegen: „Die Lebensqualität entlang der Waiblinger Straße hat sich verbessert.“ Laut den Grünen ist der Schleichverkehr an dieser Stelle keineswegs neu. Sie machen hierfür vor allem den Bau des Fellbacher Stadttunnels verantwortlich. Zumal es die Nachbargemeinde versäumt habe, die vereinbarten Entlastungsmaßnahmen für Bad Cannstatt umzusetzen. Auch Stadtrat Gangolf Stocker vom Aktionsbündnis SÖS/Die Linke sprach sich für den Radstreifen aus. Den Bewohnern der Theodor-Veiel-Straße riet er zu einer Schranke. Der SPD-Bezirksbeirat Stefan Conzelmann warf der CDU ein „verkehrspolitisches Rollback in die 60er Jahre“ vor. Die Sozialdemokraten rufen dazu auf, die zurzeit stattfindenden Verkehrszählungen des Stadtplanungsamtes abzuwarten. Erst dann könne nach Lösungen gesucht werden. So sieht es auch Bezirksvorsteher Löffler: „Die Verkehrszählung ist Grundlage aller weiteren Entscheidungen.“

Hierfür hatten allerdings nicht alle Anwohner Verständnis. Ein Bewohner der Oberen Waiblinger Straße meinte: „Bevor man einen Radweg baut, hätte man die Daten erheben müssen.“ Die Anwohner wollen nicht länger warten, das machten sie mit ihren Schilderungen deutlich. So berichtete ein Familienvater, dass er Angst um seinen vierjährigen Sohn habe. Wenn er aus seinem Haus an der Theodor-Veiel-Straße trete, würden die Autos zum Teil mit 50 Stundenkilometern vorbeirasen. „Hier hält sich keiner mehr an Tempo 30“, stimmte ein anderer Familienvater zu. Er spricht von einer „gefährlichen Situation“. Da die Straße recht eng sei, würden die Autos bei Gegenverkehr auf den Gehweg ausweichen. Vereinzelt gab es aber auch andere Töne. So positionierte sich ein Bürger als „begeisterter Anhänger des Fahrradstreifens“. Die Radfahrer würden mit der Zeit schon kommen.

Stärkere Verkehrsüberwachung wird gefordert

Doch die Kritik am Radstreifen überwiegt. Die Anwohner machten aber auch Lösungsvorschläge, wie die Situation verbessert werden kann. Neben dem Rückbau des Radstreifens wurde auch eine stärkere Verkehrsüberwachung in den betroffenen Wohngebieten gefordert. Die Ampelschaltung an der Nürnberger und Waiblinger Straße soll überprüft werden und auch die Umwandlung der Wohnstraßen in zeitlich begrenzte Anliegerstraßen wurde ins Gespräch gebracht. Außerdem könnten mehr Park-and-ride-Plätze in der Region helfen. Auch wenn am Donnerstag kein Vertreter des Stadtplanungsamtes anwesend war, wird die Espaner Aktionsgemeinschaft dafür sorgen, dass die Ideen der Bürger bei der Stadtverwaltung landen. Die Arbeitsgruppe Verkehr bleibt ebenfalls am Ball. Das nächste Treffen findet am 27. Mai um 19 Uhr im Anna-Haag-Haus an der Martha-Schmidtmann-Straße 16 statt.