Dass es einen Radschnellweg im Neckartal geben soll, ist unstrittig. Zu dessen Trasse gehen die Meinungen auseinander. Foto: dpa

Es wird wohl nicht leicht, einen Konsens bei der Trassenführung des geplanten Radschnellwegs durch das Neckartal zu finden. Esslingen lehnt den vom Regierungspräsidium geplanten Verlauf zwischen Merkelpark und Altbach ab und schlägt eine Alternative am süd­lichen Neckarufer vor. In einer Arbeitsgruppe will man sich jetzt annähern.

Esslingen - Wieder einmal stand der geplante Radschnellweg Neckartal auf der Tagesordnung. Dieses Mal im Mobilitätsausschuss des Esslinger Gemeinderats. Die Situation ist verzwickt: Die Verwaltung lehnt die Vorzugstrasse des Regierungspräsidiums ab – vor allem deren Verlauf zwischen Merkelpark und Altbach. Mit der Alternativroute der Stadt am südlichen Neckarufer, kann sich dagegen das RP nicht anfreunden. Denn dafür müsste der Radschnellweg über den sanierungsbedürftigen Alicensteg führen.

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Zuletzt war es bei diesem Thema mitunter hoch hergegangen, denn Einwände gibt es gegen beide Varianten. Doch nun stehen die Zeichen erst einmal auf Sondierung. Auf der Suche nach einem Kompromiss habe es bereits erste Gespräche mit dem Regierungspräsidium gegeben, informierte Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht das Gremium. „Ich denke, wir haben einen guten Weg eingeschlagen“, sagte er. Eine Arbeitsgruppe mit jeweils zwei Vertretern von Stadt und RP werden sich nun damit beschäftigen, „wie die Trasse optimiert werden kann“. Wallbrecht zufolge soll bis Ende Juni eine Bewertung der Strecken vorliegen. Im Juli könnte es eine konkrete Empfehlung geben.

Ergebnisoffenes Abwägen

Grundsätzlich stieß dieses Vorgehen bei den Fraktionen auf Zustimmung. „Wir begrüßen das Verfahren, dass man die Trassen gegenseitig und ergebnisoffen bewertet“, sagte Jürgen Menzel (Grüne). Er wünsche sich aber mehr Ortstermine. Menzel hatte in der Vergangenheit die Stadt dafür kritisiert, dass die Verwaltung eine Strecke vorschlage, die sich überhaupt nicht mit der Vorzugstrasse des Landes auseinandersetzt. Die Suche nach einer gemeinsamen Lösung bewertete auch Hermann Falch (Freie Wähler) positiv. Er sei zudem froh darüber, dass die Diskussion jetzt offenbar breiter geführt werde: „Wir finden es wichtig, dass sich nun auch andere Lobbygruppen wie der BUND oder die Standortinitiative Neckarwiesen zu Wort melden“. Zuletzt hatten vor allem Fahrradverbände auf sich aufmerksam gemacht.

Mit einer sogenannten Pop-up-Radstrecke wollten sie Anfang April unter anderem zeigen, dass ein zentrales Gegenargument der Stadt nicht wirklich stichhaltig sei. Für die von ADFC und VCD vorgeschlagene Route – einen durch Grünstreifen von Fußweg sowie Fahrbahn abgetrennter Radweg entlang der Zeppelinstraße – müssten nur einige junge Bäume verpflanzt werden. Die Verwaltung spricht dagegen davon, dass rund 400 Bäume gefällt werden müssten.

Bürgerbeteiligung zugesagt

SPD-Stadträtin Heidi Bär regte in der Sitzung an, dass man noch stärker an die Öffentlichkeit gehen und vor allem an betroffene Betriebe etwa im Industriegebiet Neckarwiesen herantreten müsse. „Die Information kommt mir doch immer noch etwas zu kurz“, kritisierte sie. Wallbrecht sicherte Transparenz zu, offen sei aber noch, wie die im Einzelfall aussehen werde. „Uns ist klar, dass es eine Bürgerbeteiligung geben muss“, sagte er, „deren Dimension ist dann aber von den noch strittigen Punkten abhängig“. Es werde Termine geben, die für jeden offen seien.

Mit der vom Land vorgeschlagenen Streckenführung von Stuttgart bis zum Merkelpark ist die Stadt Esslingen einverstanden. Die Radler sollen hier weitgehend auf der bisherigen Trasse des Neckarradwegs sowie durch den neu entstehenden Neckaruferpark hindurch geführt werden. Vom Merkelpark aus soll es nach dem Willen des Landes dann am nördlichen Neckarufer entlang bis nach Altbach gehen. Das aber lehnt Esslingen ab.

Eingriffe in die Natur

Stattdessen schlägt die Stadt vor, den Radschnellweg über den Fluss auf die südliche Neckarseite zu führen. Von dort aus solle es dann weitgehend auf bereits bestehenden Radwegen an Sirnau vorbei bis nach Deizisau gehen. Konkret kann man sich im Esslinger Rathaus vorstellen, dass der Radschnellweg über einen neuen, barrierefreien Alicensteg führt und dann auf den bestehenden Geh- und Radweg entlang der B 10 geleitet wird. Die Adenauerbrücke soll dann mit einer Unterführung gequert werden können, anschließend könnte die Route an der Kreisstraße 1215 an Sirnau vorbei verlaufen – oder alternativ auf dem Spechtweg durch Sirnau hindurch. Bei der vom Land favorisierten Trasse hingegen seien die Eingriffe ausgerechnet am Neckarufer enorm, wo im Rahmen des „Landschaftsparks Neckar“ in den vergangenen Jahren viel für die Aufwertung unternommen worden sei.

Auch der Nabu, der BUND und der Esslinger Arbeitskreis des Landesnaturschutzverbands (LNV) hatten bei der Vorzugstrasse die Eingriffe in die Natur kritisiert. Eine „Südtrasse“ über Deizisau, Sirnau, die Hammerschmiede und die Pliensauvorstadt könnte das vermeiden, hieß es jüngst in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Für den westlichen Bereich von Esslingen schlagen sie vor, „zu prüfen, ob die Trasse länger am linken Neckarufer und dann gemeinsam mit der geplanten Fußgängerbrücke zwischen der Pliensauvorstadt und dem Neckaruferpark über den Fluss geführt werden könnte“.