Für Anwohner sind Bäume wichtig, die Schatten bringen und die Luft verbessern. Zum „Tag des Baumes“ wiesen Schilder an den Stämmen auf die Wichtigkeit hin. Foto: Eva Schäfer

Mit einer Unterschriftenaktion kämpfen Anwohner und Geschäftsleute für die Erhaltung von Grünflächen und Stellplätzen. Für die Verwaltung ist die Stuttgarter Straße die favorisierte Route eines Radschnellwegs durch die Stadt.

Bäume, Grünflächen und Parkplätze sollen bleiben – das fordern Anwohner der Stuttgarter Straße und der Schorndorfer Straße in Fellbach. Sie haben sich zu einer Initiative zusammengeschlossen, um ihr Anliegen voranzubringen. Viele Händler unterstützen die Aktion.

„Vor Kurzem war in der Zeitung zu lesen, dass sich der Stuttgarter Kessel in den Sommermonaten in Zukunft angesichts des Klimawandels noch stärker aufheizen wird“, sagte ein Anwohner, der bei der Initiative mitmacht. „Immer mehr müssen wir hier schauen, wie wir mit glutheißen Sommern umgehen.“ Schatten sei eine entscheidende Größe, um es bei der Hitze auszuhalten und sich in der Stadt etwas wohlzufühlen. Das macht auch Herbert Fleischmann deutlich. Er wohnt an der Stuttgarter Straße und agiert als Sprecher der Initiative. Die Bäume übernähmen wie er sagt, mehrere wichtige Aufgaben. Außer als Schattenspender dämpften die grünen Riesen unter anderem den Lärm, produzierten Sauerstoff, filterten die Luft und verschönerten das Stadtbild.

Initiative: Die Achse ohne Bäume wäre eine reine Asphaltschneise

Herbert Fleischmann steht an diesem Nachmittag auf dem Fußgängerweg entlang der Stuttgarter Straße, während dichter Verkehr an ihm vorbeirollt. „Stellen Sie sich diese Achse ohne Bäume vor. Das wäre eine reine Asphaltschneise, wie wir sie heutzutage nicht mehr haben möchten“, sagt er. Die Initiative geht aber von der bisher prognostizierten Zahl von mehr als 50 Bäumen aus, die gerodet werden sollen. Sie sollen einer Strecke, die mit „reduziertem Radschnellwegstandard“ geplant wird, Platz machen. Unklar sei noch, wo die Bäume, die als Ersatz gepflanzt werden, wachsen werden. Die Initiative geht davon aus, dass die Ersatzpflanzungen nicht in der Stuttgarter Straße vorgesehen sind.

Die Mitglieder der Initiative sind aufgewühlt angesichts der Pläne, dass wieder die Radverbindung entlang der Stuttgarter Straße von der Stadtverwaltung favorisiert wird, die zu Beginn bereits ins Spiel gebracht worden war. Schon damals hatten nicht nur ansässige Betriebe, sondern auch Radler und andere Verkehrsteilnehmer Bedenken geäußert, weil viele Ein- und Ausfahrten die Strecker säumen.

Seit rund drei Jahren werden verschiedene Varianten für den Verlauf eines Radschnellwegs durch Fellbach untersucht. Inzwischen wurden von der Verwaltung die anderen Streckenführungen aufgrund verschiedener Aspekte ausgeschlossen. Als Gründe wurden Konflikte mit landwirtschaftlichem Verkehr, Mischverkehr auf engen Straßen und auch der längere Weg genannt, den die Radler sonst nehmen müssten. Nun soll wieder die kürzeste Route von Ost nach West in einer „stadtverträglichen“ Form ausgebaut werden.

Geschäftsfrau: „Schon jetzt ist die Situation gefährlich“

Ignazia Scoma, Inhaberin des Friseursalons Schauhair in der Stuttgarter Straße, hat Unterschriftenlisten gegen diese Pläne in ihrem Geschäft liegen. „Wie soll das funktionieren“, fragt sie, „die Verkehrssituation ist jetzt schon gefährlich.“ Ihr Laden liegt direkt an der Kreuzung Esslinger Straße und Stuttgarter Straße. Durch ihr Schaufenster hat sie im Blick, was sich dort täglich abspielt. „Wenn der Kappelbergtunnel zu ist oder dort ein Unfall passiert ist, geht hier gar nichts mehr“, sagt sie. Manche Radler würden jetzt schon durchrasen. Das sei im Zusammenspiel mit Passanten sowie vielen Ein- und Ausfahrten äußerst riskant.

Wenn sie aus ihrer Tiefgarage fahre, könne es sein, dass plötzlich ein Radler auftauche, den sie trotz langsamen Vortastens nicht wahrnehme. Sie macht auch deutlich, dass die Parkplätze für sie „existenziell wichtig“ seien. Durch den Ausbau des Radweges werden indes zahlreiche Stellplätze wegfallen. Der Inhaber des Zoofachgeschäfts Ulrich Meißner hatte schon vor zwei Jahren geklagt, dass ein Wegfall der Stellplätze entlang der Stuttgarter Straße für ihn existenzbedrohend seien. Nun sagt er: „Wenn die Parkplätze und Bäume weg sind, hat der Standort für mich keinen Sinn mehr, dann ist Feierabend.“ Auch in seinem Laden liegt die Unterschriftenliste. Darauf heißt es: „Wir sprechen uns gegen die geplante Asphaltierung und Rodung der Bepflanzung entlang der Stuttgarter Straße sowie der Ertüchtigung der Parkplätze als Fahrradschnellpiste aus ... Die Stuttgarter Straße lässt sich mit den vielen Kreuzungen, Engstellen, Zu- und Abfahrten der Anwohner und Geschäfte in kein Verkehrskonzept als nutzbare Fahrradpiste wandeln.“

Die Unterschriftenaktion haben schon viele unterstützt

Fleischmann hat sich die Pläne angeschaut und ist skeptisch. Die Zahlen der prognostizierten Radler würden variieren. Doch es würde letztlich bedeuten, dass all fünf oder zehn Sekunden hier ein Radler fahren würde. „Wie soll das angesichts der Kreuzungen funktionieren?“ Die Initiative sei nicht gegen Radfahrer, das betont er ausdrücklich. Einige der Mitglieder der Initiative säßen selbst oft im Radsattel. „Das Gesamtkonzept fehlt, das alle Verkehrsteilnehmer, auch Fußgänger berücksichtigt“, sagt Fleischmann. Einige kritische Punkte seien bei den Plänen ausgeklammert.

Mehrere Hundert Unterschriften seien schon zusammengekommen, die Resonanz sei groß. Dass zum „Tag des Baumes“, der bundesweit am 25. April erinnerte, welche Rolle Bäume im Kampf gegen den Klimawandel einnehmen, Schilder an Bäumen in der Stuttgarter angebracht waren, zeige, dass das Thema aktuell sei. Auf den kleinen, bunten Schildern stand etwa: „Ich bin Luftfilter und Klimaanlage in einem“; „Ich speichere Kohlendioxid“ oder „Ich mache unsere Stadt lebenswerter.“