Mit diesem Plakat warb der Cannstatter Moschee-Verein für den Auftritt Mustafais. Foto: StN

Nach dem Besuch eines antisemitischen pakistanischen Hasspredigers in einer Stuttgarter Moschee wollen die Verantwortlichen für die Gebetsräume künftig den Staatsschutz um Hilfe bitten. Von den Mordaufrufen ihres Gastes wollen sie nichts gewusst haben.

Stuttgart - Nach dem Auftritt eines Hasspredigers in der Cannstatter al-Madina-Moschee ist weiterhin unklar, wie Scheich Muhammad Raza Saqib Mustafai überhaupt in die Europäische Union einreisen konnte. Der den streng-konservativen Belavi-Muslimen zugerechnete Vorbeter hatte in der Vergangenheit offen dazu aufgerufen, Juden zu töten: „Wenn der letzte Jude auf dieser Welt getötet wird, wird Frieden in der Welt sein“, sagt er. Und: „Wenn die Juden vernichtet sind, ist die Welt gereinigt.“ Mustafai predigte Anfang Juni auch in Bad Cannstatt vor etwa 300 Männern und Jungen in der al-Madina-Moschee.

Unklar ist, warum der Antisemit überhaupt in die Europäische Union einreisen konnte. Fest steht: Der Pakistani reiste am 25. oder 26. Mai aus seiner Heimat kommend in Frankreich ein. Hier predigte er in Paris, bevor er nach Dänemark, Italien, Norwegen, Österreich, Deutschland, Belgien und in die Niederlande weiterreiste. In allen Ländern trat er in Gebetsräumen auf, die vor allem von aus Pakistan stammenden Gläubigen besucht werden.

Keine Antworten aus Frankreich

Mit Ausnahme des französischen Außenministeriums versicherten Diplomaten aller von Mustafai auf seiner Europatour besuchten Nationen auf Anfrage unserer Zeitung, dass in keine ihrer Auslandsvertretungen dem radikalen Prediger ein Visum ausgestellt worden sei. Bei einem Treffen Stuttgarter Staatsschützer mit dem Vorstand der al-Madina-Moschee war den Polizisten gesagt worden, Mustafai sei mit einem Visum Dänemarks in den Schengen-Raum der EU eingereist.

Die Ermittler waren durch die Berichterstattung auf den Besuch des zum Judenmord aufrufenden Pakistanis aufmerksam geworden. Den Beamten sei versichert worden, die Hasspredigten seien den Vorderen der Cannstatter Moschee nicht bekannt gewesen – obwohl sie beispielsweise auf der Internetplattform youtube für jedermann abzurufen sind. Auf seinen Facebookseiten hat Mustafai Fotos gepostet, die in bei Demonstrationszügen mit Transparenten zeigen. „Zerquetscht Israel!“ steht auf den Spruchbändern.

Verein gilt nach wie vor als gemeinnützig

Aus Sicherheitskreisen hieß es, künftig wolle der Stuttgarter Moscheeverein sein Gastprediger von den Sicherheitsbehörden überprüfen lassen, bevor sie im Gebetsraum eine Bühne geboten bekämen. Ein Sprecher des Vereins hatte beteuert, die Pakistan Welfare Society Stuttgart e.V. sei „sehr tolerant und verbannt jeden, der Gewalt im Sinn hat“.

Das war bei Mustafai nicht der Fall. Dies ist umso brisanter, als das die Cannstatter Moschee auf der offiziellen Website der Stadt Stuttgart aufgeführt wird. Ob dies auch in Zukunft der Fall ist, sei „nach Beendigung und Ergebnis der Untersuchungen durch die Sicherheitsbehörden der Polizei zu entscheiden“, sagte eine Sprecherin der Landeshauptstadt. Dies gilt ebenso für die mit Steuervorteilen verbundenen Gemeinnützigkeit des Vereins: „Der Verein gilt nach wie vor als gemeinnützig“, bestätigt die Stadtverwaltung. Ob dies der Fall bleibe, sei von einer Prüfung des Finanzamtes Stuttgart abhängig.

Entschieden verurteilten außer dem Gesandten der israelischen Botschaft in Berlin bislang nur zwei Organisationen den Besuch Mustafais in Stuttgart. Der Ökumene-Referent der württembergischen Landeskirche, Kirchenrat Klaus Rieth, sagte der Evangelischen Nachrichtenagentur idea: „Solche Vorkommnisse verunmöglichen den interreligiösen Dialog. Grundsätzlich darf keine Religion Hassprediger in ihren Räumen und Veranstaltungen dulden.“

„Stuttgarter Ratsmitglieder nehmen Gefahr nicht ernst“

Harschere Kritik übt die deutsch-israelische Gesellschaft (DIG) an dem Auftritt Mustafais. Sie fordern die Abgeordneten des Stuttgarter Gemeinderates auf, solchen „kruden Ansichten wenigstens einmal öffentlich zu widersprechen“. Bislang nähmen die Abgeordneten die Gefahr, die von Antisemitismus ausgehe, auf die leichte Schulter. „Wir haben den Gemeinderat in den letzten drei Jahren drei Mal angeschrieben und auf antisemitische Veranstaltungen aufmerksam gemacht. Kein einziges Mitglied des Gemeinderats hat uns jemals geantwortet. Dabei geht es nicht nur um Diskriminierung. Antisemitismus zielt immer auf Vernichtung, früher die Pogrome und der Holocaust, heute Terror und Krieg gegen Israel und den Westen, den die islamistische Bewegung als jüdisch beherrscht fantasiert“, sagt DIG-Sprecherin Bärbel Illy. Grundsätzlich verurteile die Stadt Stuttgart Rassismus und Gewalt, hieß es in einer Stellungnahme. man dulde keine Diskriminierung und keinen Antisemitismus.

Nach seinem Auftritt in Stuttgart war Mustafai über Koblenz zu einer Predigt nach Molenbeek gefahren. Dieser Stadtteil der belgischen Hauptstadt Brüssel war in den vergangenen Monaten immer wieder Schauplatz von Razzien gegen muslimische Terrorverdächtige, die in Verbindung mit den Anschlägen in Paris und Brüssel gebracht werden. Mitte vergangener Woche reiste Mustafai zurück nach Pakistan.