Michael Ballweg wurde am Dienstag aus der U-Haft entlassen. Foto: dpa/Felix Kästle

Neun Monate saß der Gründer der Querdenken-Initiative in Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft, jetzt ist Michael Ballweg wieder frei. Wann es zum Prozess wegen versuchten Betrugs kommt, steht noch nicht fest.

Nach neun Monaten in der Untersuchungshaft ist Michael Ballweg so gut wie frei. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in einem Routine-Verfahren den Haftbefehl gegen den Gründer der „Querdenken“-Initiative außer Vollzug gesetzt. Ballweg muss nun lediglich eine Auflage erfüllen, die keine Probleme bereiten sollte: er muss die Adresse von zwei Personen mitteilen, über die er zuverlässig zu einem Prozess geladen werden kann. Wenn dies geschehen ist, darf er die Haftanstalt verlassen.

Juristisch kompliziertes Terrain

Wann das Stuttgarter Landgericht wegen versuchtem Betrug, Geldwäsche und weiteren Steuerstraftaten gegen Ballweg einen Prozess eröffnen wird, steht noch nicht fest. Ihm wird vorgeworfen, bis zu einer halben Millionen Euro in sein Privatvermögen umgeleitet zu haben, die er von den Unterstützern der Querdenkern erhalten hat. Den Geldgebern soll er dabei suggeriert haben, dass „Querdenken 711“ als gemeinnützig anerkannt wird.

Die Angelegenheit ist allerdings juristisch kompliziert. Es ist durchaus fraglich, ob den Geldgebern tatsächlich ein Vermögensschaden entstanden ist. Wenn diejenigen Unterstützer, die Geld überwiesen haben, nun sagen, dass sie Michael Ballweg ganz generell unterstützen wollten, dann fehlt es möglicherweise an einem Schaden und somit an der Strafbarkeit. Viele jener, die eine Überweisung getätigt haben, sollen sich bereits in dieser Richtung geäußert haben.

Keine extrem lange Haftstrafe erwartet

Für die nun erfolgte Aussetzung des Haftbefehls ist die Prognose einer möglichen Strafe von entscheidender Bedeutung gewesen. Die Überprüfung der Untersuchungshaft durch das Oberlandesgericht ist gesetzlich vorgeschrieben. Zuerst nach sechs Monaten, dann jeweils nach weiteren drei Monaten. Ballweg saß seit dem 29. Juni in Untersuchungshaft.

Der 1. Strafsenat des OLG kam bei seiner Prüfung nun zu dem Ergebnis, dass sich „der aus der Straferwartung resultierende Fluchtanreiz beim Angeschuldigten inzwischen reduziert habe“. Der Zweck der Untersuchungshaft sei daher auch durch mildere Mittel zu erreichen. Im Klartext bedeutet dies: Das Oberlandesgericht geht nicht davon aus, dass Michael Ballweg mit einer extrem langen Haftstrafe zu rechnen hat. Auf eine Haftstrafe würde die Untersuchungshaft angerechnet werden. Bei der letzten Prüfung vor drei Monaten habe das Gericht „den Fluchtanreiz höher bewertet“, sagte ein Sprecher des Gerichts gegenüber unserer Zeitung.

Bundesverfassungsgericht lehnt Beschwerde ab

Gegen die Inhaftierung Ballwegs hatten seine Anhänger immer wieder demonstriert. Mehrere hundert Sympathisanten waren Mitte März in einem Protestzug vor die Haftanstalt in Stammheim gezogen, in der Ballweg eingesperrt war. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Verfassungsbeschwerde Ballwegs gegen die U-Haft nicht zur Entscheidung angenommen. Es fehlten laut den Richterinnen und Richtern aus Karlsruhe Unterlagen und Begründungen. Die Beschwerde sei in mehreren Punkten unzulässig gewesen, so das Bundesverfassungsgericht.