Das Publikum als Jury hat die Slamerin Tomna zur Siegerin gekürt. Sie hat den pinken Pokal – er wurde mit einem 3-D-Drucker hergestellt – mit dem Hashtag #vollgay als Aufschrift gewonnen. Foto: Rebecca Beiter

Beim ersten Queer Slam der Hochschule der Medien, einem Dichterwettstreit, haben sechs Autoren Texte vorgetragen, die zu mehr Toleranz anregen sollen. Der Queer Slam ist Teil der aktuellen Programmreihe der Queer Media Days.

Vaihingen - Erwartungsvolle Stille herrscht im vollen Hörsaal, die junge Frau mit Tattoos und dem Künstlernamen Tomna räuspert sich und liest ihren Text vor. „Wenn ich träume, träume ich von einer Welt ohne Diskriminierung“, sagt sie, als sie von ihren Erfahrungen als Lesbe berichtet, und das Publikum bricht spontan in Applaus aus. Tomna sowie fünf weitere Künstler sind am Montagabend beim ersten Queer Slam an der Vaihinger Hochschule der Medien (HdM) aufgetreten. Das Motto der Veranstaltung: „Spaß haben und Bewusstsein schaffen für die Liebe und jede Sexualität, die es gibt.“ So formuliert es der Student Philipp Lang. Er hat die Veranstaltung organisiert.

 

Ein Queer Slam funktioniert wie ein Poetry Slam: Verschiedene Künstler treten gegeneinander in einem Dichterwettstreit an. Dazu lesen sie selbst geschriebene Texte vor, die mal witzig, mal nachdenklich sind. Oft erzählen die Autoren von eigenen Erlebnissen. Einer von drei Texten muss sich beim Queer Slam im weitesten Sinne mit Liebe und Gender beschäftigen, passend zum Namen: Das englische Wort „queer“ bezeichnet ursprünglich Dinge, die von der Norm abweichen. Mittlerweile ist der Begriff in der Umgangssprache ein Sammelwort für jegliche Form sexueller Vielfalt. So berichtet ein Autor zum Beispiel von der Scham, als Mann von einer Frau verlassen worden zu sein, die danach eine lesbische Beziehung eingeht. In drei Runden können die Dichter von ihren Wortkünsten überzeugen, die Jury ist das Publikum.

Liebe kennt kein Geschlecht

„Liebe kennt kein Geschlecht. Darum feiern wir heute jede Liebe – zurecht!“, reimt ein Dichter vor den rund 70 Zuhörern im beinahe voll besetzten Hörsaal. Zustimmend nickt das überwiegend junge Publikum bei diesen Worten, die meisten haben noch ihr Feierabendbier in der Hand. Ein anderer Autor beschreibt in seinem Text einen romantischen Pärchenabend vor dem Fernseher. Mit den Worten „ob du männlich, weiblich, oder sonst was bist, habe ich nie erwähnt, weil es keine Rolle spielt“, beendet er seine Geschichte. Das Publikum applaudiert begeistert.

Der Queer Slam soll sensibilisieren für die sexuelle Vielfalt in unserer Gesellschaft und ein Zeichen setzen gegen Homophobie. „Leider begegnet einem oft Hass oder Unverständnis“, berichtet der Student Philipp Lang. Er ist homosexuell und setzt sich im Hochschulalltag für die gesellschaftliche Normalität jeder sexuellen Vorliebe ein. Er gründete zum Beispiel die Hochschulgruppe Rainbow Café. Natürlich würden Gegner der sexuellen Vielfalt nicht zu Veranstaltungen wie dem Queer Slam kommen, „aber wenn wir es erreichen, dass deren Umfeld darüber diskutiert, ist das ein Schritt hin zu mehr Toleranz“, sagt Lang. Dem stimmen auch die sechs Dichter zu. Trotzdem sei es schade, dass ein solcher Wettstreit unter diesem Thema stehen müsse. „Eigentlich sollte sexuelle Vielfalt doch längst Normalität und nicht weiter erwähnenswert sein“, sagt der Dichter Sven Hensel, der aus Bochum angereist ist, „doch das bleibt wohl vorerst Wunschdenken.“ Ihre eigene Sexualität möchten die Geschichtenerzähler nicht preisgeben, das spiele schließlich keine Rolle. Man sei schließlich in erster Linie nicht Lesbe, Schwuler oder Heterosexueller, sondern einfach ein Mensch.

Abschlussparty im Romy S.

Der Queer Slam ist nur der erste von mehreren Programmpunkten der ersten Queer Media Days, die seit Montag bis zum 12. Mai an der Hochschule der Medien stattfinden. Das Thema sexuelle Vielfalt steht im Mittelpunkt. Referenten aus ganz Deutschland hielten Vorträge zur Darstellung von Homo-, Bi- oder Transsexuellen in den Medien. Am Mittwoch, 11. Mai, zeigt das Studentenkino den Film „The Imitation Game“. Beginn ist um 19.30 Uhr in Raum 2U12 der HdM. Eine Party unter dem Motto „#vollgay“ beendet am Donnerstag, 12. Mai, die Queer Media Days. Der Eintritt kostet drei Euro, die Party beginnt um 22.30 Uhr im Club Romy S. Veranstalter der Queer Media Days ist die Verfasste Studierendenschaft, die Studentische Verwaltung der Hochschule.