Trumpf will mit Quantenchips punkten. Die Lichtkanäle sollen künftig für eine hohe Rechenleistung in Quantencomputern sorgen. Foto: Trumpf/Martin Stollber/g

Maschinenbauer Trumpf investiert in die Entwicklung und Produktion von Quantencomputer-Chips. Warum der Mittelständler darin eine Riesenchance für die Industrie und den Standort Deutschland sieht.

Ditzingen/Ulm - Quantencomputer sind superschnelle Rechner, die für spezifische Berechnungen nur wenige Augenblicke brauchen, für die herkömmliche Computer hunderte oder gar tausende Jahre Rechenzeit benötigen. Der erste europäische Superrechner dieser Art wurde erst im Juni dieses Jahres bei IBM in Ehningen (Kreis Böblingen) eingeweiht.

Die Quantentechnologie, bei der vor allem China und die USA die Nase vorn haben, gilt als Schlüsseltechnologie der Zukunft. Und Maschinenbauer Trumpf aus Ditzingen (Kreis Ludwigsburg) will dabei eine wichtige Rolle spielen – mit der Entwicklung und Produktion von Quantencomputerchips.

„Das Eis ist dünn, aber wir wissen, wie tief das Wasser darunter ist und deshalb machen wir das“, sagte Peter Leibinger, Entwicklungschef und Vizechef von Trumpf, bei einer Videopressekonferenz .

Trumpf will jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag in die Start-up-Tochter Qant mit Sitz in Stuttgart investieren. Qant schaffe mit einem neuen Verfahren die Grundlage für eine „völlig neue Rechenpower“, erklärt Leibinger. Dieses so genannte Photonik-Chip-Verfahren, wie es im Fachjargon heißt, ermöglicht es, sehr spezielle Lichtkanäle auf übliche Halbleiterchips aus Silizium aufzubringen. Mit dem Verfahren sei es erstmals möglich, die optische Quantenwelt an die etablierte elektronische IT-Welt anzubinden.

Quantenchips für Rechenzentren

Tests hätten bewiesen, dass diese Quantenchips herkömmliche Computer in Rechenzentren aufrüsten können. Denn sie brauchen laut Leibinger weder eine aufwendige Kühlung noch müssten sie vor Vibrationen geschützt werden.

„Unser erneutes Investment ist daher der logische nächste Schritt, um den Weg für die Entwicklung und Produktion von Quantencomputerchips made in Germany zu ebnen“, so der Trumpf-Vizechef. „Denn nur wenn wir Quantentechnologien schnell, mutig und unternehmerisch fördern, kann der Industriestandort Deutschland sein Potenzial im internationalen Wettbewerb auch nutzen.“

Dass es dabei um einen bedeutenden Faktor für die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands geht, zeigt sich auch daran, dass die Bundesregierung vergangenes Jahr eine Quantenoffensive gestartet hat. Mit zwei Milliarden Euro Fördermitteln soll die deutsche Industrie motiviert werden, in diesem Thema ihre Stärken auszuspielen.

Moleküle in der Pharmabranche und Postpakete

Trumpf hat sich zum Ziel gesetzt, in spätestens fünf Jahren einen voll funktionsfähigen Quantenchip zu entwickeln, der heutige Computer ergänzt und leistungsfähiger macht. Qant sei bereits mit weiteren großen Partnern aus der Industrie im Gespräch.

Es handele sich um hochspezielle Anwendungen: „Man darf sich nicht vorstellen, dass der Quantencomputer den Universalrechner, den wir heute haben, vom iPhone, im Auto bis zum Schreibtisch, ersetzen wird“, so Leibinger. Als Beispiele nannten er und Qant-Chef Michael Förtsch etwa das Erforschen von Molekülen in der Pharmabranche oder das Sortieren von Postpaketen.

Qant, vor drei Jahren als firmeneigenes Start-up gegründet, arbeitet mit Chipherstellern, IT-Ausrüstern und internationalen Industrieunternehmen zusammen und will bis Ende nächsten Jahres die Zahl der Mitarbeiter von derzeit 20 auf 120 aufstocken.

Produktion in Ulm geplant

Produziert werden sollen die Quantenchips in Ulm bei der Trumpf-Tochter Photonic Components, wo Trumpf weitere Investitionen plant. Als etablierter Hersteller von Komponenten für die Halbleiterbranche habe man fundiertes Know-how, ein starkes Partnernetzwerk und eine hochmoderne Fertigungsumgebung und damit „optimale Voraussetzungen für die Produktion von Quantencomputerchips“, wie Photonic-Chef Berthold Schmidt sagt.

„Für den Quantentechnologie-Standort Deutschland sind dies gute Nachrichten. Es geht im globalen Wettbewerb um den besten Quantencomputer schließlich um technologische Unabhängigkeit, das Besetzen neuer Märkte und vor allem viele tausend Arbeitsplätze“, resümiert Leibinger.

Bereits Ende 2020 hat sich Laserspezialist Trumpf aufs Terrain der Quantentechnologie gewagt. Mit dem Sensorhersteller Sick (im badischen Waldkirch) kooperiert Trumpf, um gemeinsam die ersten Quantensensoren im kommerziellen Einsatz nutzbar zu machen.

Qubits statt Bits

Unterschied
Der wesentliche Unterschied zwischen einem klassischen Computer und einem Quantencomputer liegt in der Natur ihrer Bits. Der Quantencomputer speichert Informationen nicht in Form von Bits, die nur zwei mögliche Zustände annehmen können, nämlich 1 oder 0.

Quantenbit
Ein Quantenbit eines Quantencomputers (verkürzt Qubit) kann stattdessen beide Zustände gleichzeitig annehmen und das für eine bestimmte Zeitspanne. Er ist daher herkömmlichen Rechnern überlegen, da die Rechenleistung sich mit jedem Qubit verdoppelt. Das weltweite Rennen um die meisten Qubits hat bereits begonnen.