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Mehr Übersicht sollen die Prüfungen und Bewertungen der Heime und Pflegedienste bringen. Aber wie lässt sich menschliche Zuwendung in Schulnoten fassen?

Stuttgart - Mehr Übersicht sollen die Prüfungen und Bewertungen der Heime und Pflegedienste bringen. Aber wie lässt sich menschliche Zuwendung in Schulnoten fassen? Die bisherigen Beurteilungen fallen äußerst positiv aus - Bewohner, Angehörige und Pflegekräfte empfinden die Realität oft ganz anders.

Viele Pflegeheime im Südwesten sind chronisch unterbesetzt. Diesen Missstand beklagen Mitarbeiter, Bewohner und Angehörige gleichermaßen. Dabei sind hierzulande laut Statistischem Landesamt derzeit nur 2,2 Prozent aller Einwohner pflegebedürftig. Das ist der niedrigste Wert im gesamten Bundesgebiet. In Mecklenburg-Vorpommern leben die meisten Menschen, die auf Pflege angewiesen sind - dort liegt die sogenannte Pflegequote bei 3,4 Prozent. Der Durchschnittswert für Deutschland beträgt 2,7 Prozent.

"Engagiert, lebensfroh, wissbegierig und gewissenhaft" - so beschreibt René Greiner seine Mutter. Noch fast bis zu ihrem 70. Lebensjahr hat sie die Buchhaltung für seine Firma gemacht, bis wiederholt unerklärliche Fehler und Nachlässigkeiten in den Büchern aufgetaucht sind und 2006 eine fortschreitende Demenz diagnostiziert wurde. Wie viele Menschen haben sich weder Frau Greiner selbst noch ihre Angehörigen Gedanken darüber gemacht, was wird, wenn es nicht mehr so geht, wie man es gerne hätte. Wenn Körper und Geist beginnen, müde zu werden, nicht mehr gehorchen.

Die Demenz war bereits so weit fortgeschritten, dass eine Unterbringung im betreuten Wohnen nicht mehr möglich war. Für vier Wochen hatte René Greiner seine heute 72 Jahre alte Mutter in der Kurzzeitpflege eines Stuttgarter Pflegeheims einquartiert. Seither steht für ihn fest: "Bitte nicht alt und krank werden."

Mit 14 weiteren, ganz unterschiedlich demenzkranken Bewohnern war seine Mutter auf einer Station untergebracht. Ganze zwei Mitarbeiter waren für die Abteilung zuständig, einschließlich Essensverteilung, Waschen und Körperpflege. Auf seine Frage, wie 15 kranke Menschen von zwei Pflegekräften umfassend betreut werden könnten, bekam er vom Leiter der Einrichtung die harsche Antwort: "Ich arbeite seit 30 Jahren in der Pflege, das würde ich mit links schaffen." Spätestens da stand für den 45-Jährigen fest, seine Mutter schnellstmöglich wieder aus dem Pflegeheim nach Hause zu holen. Jetzt kümmern sich ihre beiden Schwestern abwechselnd im Wochenturnus um Frau Greiner.