Gruppenbild mit Bulldogge Bikkel im gemeinsamen Garten: Die Bietigheimer Handball-WG mit den Spielerinnen Martine Smeets, Stine Baun, Nina Wörz, Angela Malestein, Tess Wester und Susann Müller (v.li.). Foto: Baumann

Der Kader besitzt Extraklasse und gleicht einer Weltauswahl. In dieser Saison wird es für die Bundesliga-Handballerinnen der SG BBM Bietigheim mit der deutschen Meisterschaft wohl noch nicht ganz klappen. Der TuS Metzingen können sie aber den Titel vermasseln.

Bietigheim-Bissingen - Es geht locker zu in dem schönen Garten in Metterzimmern. Sechs Spielerinnen der SG BBM Bietigheim wohnen hier in vier verschiedenen, vom Verein angemieteten, Wohnungen unter einem Dach. Mittendrin ist Bikkel, eine Französische Bulldogge. Doch der Rüde ist zahm wie ein Schoßhündchen. Angriffslustig sind nur die Handball-Ladys. „Wenn es dieses Jahr nicht zur Meisterschaft reicht, dann eben nächstes Jahr“, sagt Tess Wester, die niederländische Nationaltorhüterin. Die SG BBM steht vier Spieltage vor Saisonende nur zwei Zähler hinter dem punktgleichen Spitzentrio, doch aufgrund der mit Abstand schlechtesten Tordifferenz sind die Titelchancen nur theoretischer Natur. Doch das Zünglein an der Waage ist die Weltauswahl von Trainer Martin Albertsen allemal. Schlägt die SG an diesem Mittwoch (20 Uhr/Sporthalle am Viadukt) die TuS Metzingen, dürften die Titelträume des württembergischen Rivalen ausgeträumt sein. „Dann spricht vieles für den Thüringer HC, der am letzten Spieltag Heimvorteil gegen den Erzrivalen HC Leipzig hat“, prognostiziert Albertsen.

Trainer Albertsen wurde schon Meister mit dem HC Leipzig

Der Däne gilt als einer der Besten der Branche. Er wurde dänischer Meister, Pokalsieger und EHF-Cup-Sieger mit Viborg HK sowie deutscher Meister und DHB-Pokal-Sieger mit dem HC Leipzig 2006. Im Dezember 2014 holte ihn die SG BBM, um den großen Traum von Eberhard Bezner zu erfüllen: Der Seniorchef der Firma Olymp mit dem großen Herzen für den Frauenhandball möchte mit seinem Club auf die europäische Bühne. Dafür sorgt er für die finanzielle Basis. Und die kann sich sehen lassen. „In der Szene wird von einem Zwei-Millionen-Euro-Etat gemunkelt“, sagt Ex-Bundestrainer Dago Leukefeld, der auch schon in Bietigheim tätig war und die Verhältnisse bestens kennt. Albertsen bekommt also so gut wie jeden Wunsch bei der Zusammenstellung seines Kaders erfüllt. In seiner Weltauswahl stehen Topspielerinnen aus fünf verschiedenen Nationen. „Wir kommen gut miteinander klar. Wir lernen andere Kulturen kennen, andere Sprachen. Es macht hier sehr viel Spaß“, sagt die dänische Nationalspielerin Stine Baun. Ein Lächeln blitzt auf. Auch bei der deutschen Auswahlspielerin Susann Müller: „Es geht ungemein professionell zu in Bietigheim“, lobt die Linkshänderin. Vor der Runde war sie gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin Nina Wörz aus Ungarn ins Schwabenland gekommen. Beide können den Vergleich mit anderen Nationen ziehen. „In Ungarn oder Skandinavien ist der Stellenwert des Frauenhandballs weitaus höher“, betonen beide unisono.

„In keinem anderen Land spielt Neid eine so große Rolle“

Das kann der Trainer nur bestätigen. Martin Albertsen hat aber noch einen Unterschied ausgemacht. „In keinem anderen Land als in Deutschland spielt Neid eine so große Rolle, selbst wenn es um die Unterstützung für den Sport geht.“ Ihn stört es, dass ihm oft vorgehalten wird, derart gute finanzielle Möglichkeiten vorzufinden. „In anderen Ländern heißt es: Wow, toll, was du für eine super Mannschaft hast“, sagt Albertsen. „Im Übrigen steht auch die Firma Boss hinter Metzingen. Und Thüringen und Leipzig befinden sich finanziell auf Augenhöhe mit uns“, behauptet der Coach.

Wie auch immer: Auch mit einem Kader der Extraklasse ist der sportliche Erfolg kein Selbstläufer. Die SG BBM ließ in dieser Saison zu viele Punkte gegen Teams aus dem Mittelfeld liegen. Das soll in der neuen Saison mit den Neuzugängen Fernanda da Silva (brasilianische Nationalspieler), Kim Naidzinavicius (deutsche Nationalspielerin aus Leverkusen) und Mia Biltoft (dänische Nationalspielerin) besser werden. Doch schon in dieser Saison wird die SG ihr Saisonziel erreichen: die Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb. Dazu muss der vierte Platz verteidigt werden. Der Vorsprung auf den VfL Oldenburg beträgt fünf Punkte. Zur Belohnung gibt es dann nach der Saison eine einwöchige Reise nach Indonesien, spendiert von Eberhard Bezner.

2016/17 folgt der Angriff auf die die deutsche Meisterschaft

In der nächsten Saison heißt das Ziel: Platz eins bis drei. Anders ausgedrückt: Es folgt der Angriff auf die Meisterschaft. Wohin die Reise dann gehen würde, ist offen. Im Gegenzug würde ein Teil der Mannschaft in ihrem Garten in Metterzimmern ein Grillfest für Chef Bezner ausrichten. Die zahme Bulldogge Bikkel hätte nichts dagegen.