Beim Spielehersteller Ravensburger war die Nachfrage im Coronajahr 2020 zeitweise größer als die Kapazitäten. Wie Ravensburger darauf reagiert und mit welchen Produkten der Spielehersteller punkten will.
Ravensburg - Corona hat bei Ravensburger für einen Wachstumsschub gesorgt, weil in Familien mehr gepuzzelt und gespielt wurde. Der Umsatz kletterte 2020 um 20 Prozent auf 632 Millionen Euro. Mit 28 Millionen verkauften Puzzles – das sind 32 Prozent mehr als im Jahr zuvor – schaffte Ravensburger einen Rekord.
Gut lief es auch bei Spielen, von denen insgesamt 25 Millionen Stück (plus 22 Prozent) abgesetzt wurden – darunter Renner wie „Das verrückte Labyrinth“ oder „Memory“, von dem allein über zwei Millionen Exemplare verkauft wurden. Aber auch die Kugelbahn Gravitrax war erfolgreich. Vier Millionen Produkte wurden davon verkauft, die dazu gehörige App wurde 600 000-mal heruntergeladen.
Erwachsenenpuzzle mit 200 Teilen
„Der Trend zum Puzzeln war schon vor Corona spürbar, doch die Pandemie hat einen Hype ausgelöst“, sagte Ravensburger-Chef Clemens Maier bei einer Videokonferenz. Offenbar sorge das für Entspannung. Um die Einstiegshürden auch für Erwachsene niedriger zu halten, sollen künftig auch Erwachsenenpuzzles mit nur 200 oder 300 Teilen auf den Markt kommen. Denn nicht jeder Anfänger wage sich an ein 1000-Teile-Puzzle, so Maier.
In Deutschland ist Ravensburger mit 16 Prozent sogar stärker gewachsen als der allgemeine Spielemarkt mit plus neun Prozent. Zweistellige Zuwächse gab es für Ravensburger auch in Großbritannien (plus 23 Prozent), Skandinavien (plus 38 Prozent) und Nordamerika (plus 42 Prozent).
Dank der hohen Fertigungstiefe habe man sehr früh reagieren können und auf Drei-Schicht-Betrieb umgestellt, sagte Ravensburger-Vorstand Hanspeter Mürle. Ein Vorteil in der Pandemie, denn viele Konkurrenten beziehen ihre Ware aus Fernost. Dennoch kam es bei manchen Ravensburger-Produkten sogar zu Lieferengpässen, weil die Nachfrage höher war als die Kapazität.
Neue Puzzlestanze und Druckmaschinen
In Ravensburg sollen daher die Produktionskapazitäten für Puzzles in einem ersten Schritt auf bis zu 35 Millionen Stück pro Jahr erhöht werden. Eine Halle wird angemietet für eine neue Puzzlestanze und neue Druckmaschinen. Auch im tschechischen Polička wird die Spielefertigung ausgebaut – unter anderem mit dem Bau einer neuen Halle und einer weiteren Spritzgussanlage für die Kugelbahn Gravitrax. Das bringt auch neue Jobs in Fertigung und Logistik. Bereits im vergangenen Jahr ist die Zahl der Mitarbeiter bei Ravensburger um rund 100 auf weltweit gut 2300 gestiegen.
Als der erste Lockdown kam, habe man nicht damit gerechnet, dass es für Ravensburger so ein erfolgreiches Jahr werden könnte, sagte Maier. Er sieht das Unternehmen aber nicht als Gewinner der Krise. Man habe Glück, dass die Spielwarenbranche nicht so von der Krise gebeutelt sei wie viele andere. Da Ravensburger unterschiedlichste Vertriebskanäle bedient – vom Lebensmittelhandel über den Fachhandel bis online –, war man vom Lockdown im Handel nicht so sehr betroffen. Der habe ja auch online verkauft. Mürle erwartet, dass es Insolvenzen im Fachhandel geben wird, man habe aber alle Händler beliefert und sei selber ins Risiko gegangen.
Lesebär Sami und eine dampfende Brio-Lok
Weil die Nürnberger Spielwarenmesse wegen Corona auf den Sommer verschoben wurde, präsentierte Ravensburger seine Neuheiten online. Mit dem kleinen Lesebär Sami etwa können Kinder ab drei Jahren via Audiowelt in Bücher eintauchen. Mit Ecocreate will man „Trends der Zeit aufgreifen“. Mit dem Bastelset lassen sich alte Eier- oder Milchkartons beispielsweise zum kleinen Piratenschiff recyceln. Und künftig lässt sich die Brio-Eisenbahn mit Wasser befüllen und dampft.
Auch mit Klassikern, die in Jubiläumseditionen aufgelegt werden sollen, will Ravensburger punkten – darunter etwa „Sagaland“ (40 Jahre alt) oder das Kinderspiel „Lotti-Karotti“ (20 Jahre). Für 2021 gab sich Maier zurückhaltend: „Das Jahr 2021 ist extrem schwierig zu prognostizieren.“
Investiert wird auch im Freizeitpark Ravensburger Spieleland, der wie die Spielewelt in Kornwestheim und das Museum in Ravensburg vom Lockdown betroffen ist.