Droht mit der Aufkündigung des EU-Flüchtlingspakt: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan pocht auf die Einhaltung einer mündlichen Zusage des griechischen Präsidenten Alexis Zipras. Foto: AFP

Der Streit um türkische Offiziere spitzt sich zu. Die türkische Regierung reagiert auf das Urteil des höchsten griechischen Gerichts zu den nach dem Putsch geflohenen Soldaten.

Ankara - Die Entscheidung der griechischen Justiz, acht nach Griechenland geflohene türkische Offiziere nicht auszuliefern, sorgt für wachsende Spannungen zwischen Ankara und Athen. Die türkische Justiz stellte am Freitag einen neuen Auslieferungsantrag. Außenminister Mevlüt Cavusoglu droht, künftig keine illegalen Migranten mehr aus Griechenland zurückzunehmen. Staatschef Recep Tayyip Erdogan sagte, der griechische Premierminister Alexis Tsipras habe ihm die Auslieferung der Soldaten versprochen.

Der Areopag, Griechenlands oberstes Gericht, hatte am Donnerstag entschieden, dass die acht Offiziere, die am Tag nach dem Putschversuch vom vergangenen Juli mit einem Hubschrauber nach Nordgriechenland geflohen waren, nicht an die Türkei ausgeliefert werden dürfen. Die türkische Regierung wirft den Männern vor, sie seien an dem Putschversuch beteiligt gewesen. Die Soldaten bestreiten das.

Türkische Regierung empört

In ihrem Urteil unterstreichen die Richter des Areopag, unabhängig von einer möglichen Schuld der Männer habe der Schutz der Menschenrechte absoluten Vorrang. Die Acht dürften nicht ausgeliefert werden, weil sie in der Türkei kein faires Verfahren erwarte, sondern ihnen Folter, entwürdigende Behandlung und Lebensgefahr drohe.

Die türkische Regierung reagierte empört auf das Urteil. Der „Nachbar und Verbündete Griechenland erfüllt nicht einmal die Mindestanforderungen im Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität“, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums in Ankara. Die gesamte Bandbreite der bilateralen Beziehungen komme nach dieser „politisch motivierten“ Gerichtsentscheidung nun auf den Prüfstand. „Griechenland beschützt und beherbergt Putschisten“, sagte Außenminister Cavusoglu. Er droht nun laut dem türkischen Staatsfernsehen TRT damit, einen mit Athen geschlossenen Vertrag über die Rücknahme illegaler Migranten einseitig aufzukündigen.

Drohung richtet sich auch an andere EU-Staaten

Dieses 2001 geschlossene und 2010 aktualisierte bilaterale Abkommen ergänzt den EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei. Auf seiner Basis hat Griechenland bisher die Rücknahme von rund 140 000 Migranten beantragt. Die Türkei nahm aber nur rund 5000 Menschen zurück. Die Kündigung des Vertrages wäre also praktisch nicht von großer Bedeutung, da die Türkei ihn ohnehin nicht konsequent einhält. Die Ankündigung von Außenminister Cavusoglu zeigt aber, wo Ankara jetzt politisch Druck macht, nämlich in der Flüchtlingsfrage.

Die Drohung richtet sich nicht nur an Athen sondern auch an andere EU-Staaten, in denen türkische Diplomaten und Offiziere nach dem Putsch Asyl beantragt haben. Im Fall der Acht schob die türkische Justiz am Freitag ein zweites Auslieferungsersuchen nach.

Entscheidung des Gerichts bindend

Das Büro des griechischen Ministerpräsidenten Tsipras unterstrich in einer am Freitagnachmittag herausgegeben Erklärung, in Griechenland seien „Verantwortliche des Putsches nicht willkommen“. Griechenland sei aber ein Rechtsstaat, und die Entscheidungen der griechischen Justiz seien bindend.