Hartmut Engler beglückt sein Publikum in der Stuttgarter Schleyerhalle. Foto: Oliver Willikonsky / Lichtgut

Maximale Publikumsnähe, illustre Gäste, beste Stimmung: Pur haben in der ausverkauften Schleyerhalle mehr als zwölftausend Fans mit einem „Glücklichmacher“-Konzert begeistert – eine irritierende Kleinigkeit inklusive.

Stuttgart - Seit dreißig Jahren tragen Pur-Fans ihre Lieblinge förmlich durch deren Karriere, eine Art Freundschaftsband prägt längst die Beziehung zwischen der Gruppe und ihrem Publikum. Und bisweilen betrinkt man sich geradezu aneinander. Am Sonntagabend war es mal wieder so weit: Partystimmung in Stuttgart, gut zwölftausend Besucher feiern Hartmut Engler & Co. beim Heimspiel für ein Konzert der Marke „Glücklichmacher“, das nach maximaler Nähe zum Publikum strebt.

Komplett in den Innenraum der randvollen Schleyerhalle hineinbegeben haben sich Pur für ihre „Arena“-Tournee, nicht der kleinste Fetzen Vorhangstoff versperrt den Blick auf eine offene, kreisrunde Mittelbühne, keinerlei illusionenerzeugendes Beiwerk schiebt diese Show vor sich her: Pure Musik und größtmögliche räumliche und emotionale Barrierefreiheit heißt das Motto des Abends. Lediglich ein 360-Grad-Videoscreen und ein Lichtrondell thronen über den Köpfen der Musiker – und ein zehneckiges Scheinwerfermodul, das recht eindrucksvoll hydraulisch auf- und abtorkelt und das zu bedienen bestimmt viel Spaß macht.

Zwischen Hoffnungsliedern und Gesellschaftsstudien

Zum Einsatz kommt es erst mit etwas Verzögerung; hübsch gegen die gängigen Mechanismen gebürstet beginnen Pur ihren Auftritt bei vollständig eingeschaltetem Hallenlicht. Und in nicht ganz unkomplizierter Gruppenaufstellung: Immer wieder ohne direkten Blickkontakt und teils fünf, sechs Meter entfernt voneinander muss die sechsköpfige Band in ihrer kreisförmigen Positionierung agieren. Doch diese luftige Anordnung schadet dem Bandsound kein bisschen – bestens aufeinander eingespielt, weiß hier jeder exakt, was zu tun ist.

Los geht’s mit „Freunde“ von 1989; es folgen rund dreißig weitere Songs im typischen Pur-Duktus zwischen Hoffnungsliedern und Gesellschaftsstudien und vollgepackt mit den hinreichend bekannten, drollig romantisierenden Wortschöpfungen Marke „Herzbeben“ und „Funkelperlenaugen“. Sehr berechenbar verläuft das dramaturgisch; Balladen wechseln in ebenso schöner Regelmäßigkeit mit dynamischem Rockpop (eindrucksvoll: „Energie“ sowie das dreißig Jahre alte „Bis der Wind sich dreht“ mit Engler als mephistophelischem Verführer) wie die zentralen, durchweg gut angenommenen Songs des aktuellen Albums „Zwischen den Welten“ mit Klassikern wie „Ich lieb dich“, „Indianer“, „Abenteuerland“ und „Lena“. Zusätzlichen Kurzweil in diesen von hörbarer Spielfreude geprägten Zweieinhalbstunden-Abend bringen ein paar prominente Gäste: Max Giesinger poprockt sich flott durch „80 Millionen“, Peter Freudenthaler von Fools Garden zelebriert den immergrünen „Lemon Tree“, und auch der Pur-Kumpel Rüdi bekommt einen bewegenden Auftritt.

Ein Boulevardblatt als Sponsor – wie passt das?

Alles in Butter also bei diesem Auftritt derer vom „Stamme der Schoschonen“. Dass die Band für diese Tournee allerdings mit einem großen Boulevardmedium als Sponsor zusammenarbeitet, das neuerdings häufig entgegengesetzt zu den Pur’schen Idealen von Humanismus, Solidarität und Mitmenschlichkeit agiert, bleibt eine befremdliche Idee, die man nicht verstehen muss. Vielleicht aber ist das Ganze auch Teil einer raffinierter Unterwanderungsstrategie, um die Macht dieses Blatts für die gute Sache zu nutzen. Das wäre dann allerdings eine wirklich gute Idee.