10.000 Fans feiern die Band um Hartmut Engler unter blauem Himmel und vor Schlosskulisse.
Für Pur scheint die Sonne auf dem Stuttgarter Schlossplatz am Donnerstagabend, am zweiten Tag des SWR Festivals. Für Pur und das Publikum: 8000 Fans wurden erwartet, 10.000 kamen, der Platz ist voll, alle wollen sie mit ihren Deutschrock-Idolen schwelgen.
Pur zeigen sich an diesem Abend auf der Bühne vor dem Neuen Schloss in bester Form und tatsächlich ausgesprochen rockig. Aber natürlich blicken sie ihren Fans, jung wie alt, auch mit gewohnter Sanftmut mitten ins Herz.
Die Sonne brennt und Pur schwitzt
Die Temperaturen sind märchenhaft, die Luft ist mild, eine zarte kleine Wolkenbank in weiter Ferne wurde vermutlich eigens bestellt, um das makellose Blau des restlichen Himmels noch zu betonen und den Sonnenuntergang zu verschönern, der stattfindet, während die Helden auf der Bühne ihre letzten Lieder singen, einige Minuten nach 22 Uhr.
Bis dahin bekommt die Menge eine Auswahl der größten Hits zu hören - und nahezu das vollständige neue Album "Wünsche", erschienen im September. Das sind Lieder wie "Gesund", "Winter 59", "Geliebt" und "Frau Schneider", in denen sich Sänger und Texter Hartmut Engler in gewohnter Qualität zeigt: als der nette Junge von Nebenan, der über die Hoffnungen, Tragödien und Historien aus der Nachbarschaft singt, der manchmal auch mit einer Demezpatientin Halma spielt - und dabei prompt verliert.
Engler ist verschwitzt, vom ersten Lied an. Dennoch hüpft er unermüdlich, bestens trainiert, zur Musik seiner Band über die Bühne. Das Hemd ist offen, das T-Shirt darunter schon zu Beginn der Show mit Flecken übersäht. Wenn er zur Zugabe wieder auf die Bühne läuft, ein ewiges Energiebündel, ein Häuslesbauer der deutschsprachigen Softrockszene, wird beides frisch sein, Hemd und T-Shirt.
Wenn die Kamera ihn in der Nahaufnahme zeigt, dann sieht man auf den beiden Leinwänden zu beiden Seiten der Bühne den Schweiß, der in Bächen über sein strahlendes Gesicht läuft.
Pur ist rockiger geworden
Nur manchmal gönnt er sich eine Pause und überlässt das Singen seinem Publikum, das sich nicht lange bitten lässt und mit großem Gemeinschaftsgefühl singt und summt. "Ja, das ist schön", sagt er dann, und grüßt all jene, die Pur in diesem Augenblick zwar sehen und hören können, aber nicht dabei sind beim großen Ereignis auf dem Schlossplatz. Bei Pur wird auch der Radiohörer nicht vergessen.Die Kamera gleitet vorbei an den Massen, die an den Absperrungen lehnen. Engler liebt dieses Bild, er schaut gerne hinaus aufs Menschenmeer, das gibt er zu: "Ich bin ein Hobby-Pärchenbeobachter", sagt er. Er beobachtet die Frischverliebten und jene, denen man den Beziehungsstress schon ansieht, am liebsten aber die, denen ins Gesicht geschrieben steht, wie gut sie zueinander passen. Aber er singt auch von einer gescheiterten Liebe.
Viele Songs vom neuen Album
Pur haben sich für ihr jüngstes Album einen neuen, manchmal geradezu harten Sound zugelegt. Auch auf der Bühne spürt man diesen Wandel: die "Funkelperlenaugen" sind das erste große Songfest an diesem Abend, sie beginnen leise mit einer akustischen Gitarre und verwandeln sich dann mit einem hämmernden Piano in ein für Pur-Verhältnisse, geradezu rockiges Stück, in dem es viele Breaks gibt, viele Pausen, in denen die 10.000 Fans aus Stuttgart und den Nachbarkreisen zeigen dürfen, wie gut sie den Text kennen.
"Lena" dagegen ist ein Song, den Pur vor 19 Jahren geschrieben haben - und doch gibt es heute eine neue Lena, "frisch und lieb und nett, sie ist so alt wie dieses Lied", und der Hit von gestern klingt plötzlich anders: Hartmut Engler singt auf dem Schlossplatz den Lena-Song "Satelite" und hat mächtig Spaß dabei.
Auch Rüdi, der langjährige Begleiter der Band, darf an diesem Abend auf die Bühne und lange mitsingen. Ein weiterer Überraschungsgast ist Janine Meyer, die Sängerin der Band Luxuslärm. An der Seite von Engler rockt sie beim Song "Die Beste", einem Stück, das von der Musik handelt und auch auf der CD als Duett zu hören ist.
Pur-Gitarrist Rudi Buttas spielt ein hartes Instrument an diesem Abend, man hört Gitarrenklischees aus der Hardrock-Ecke. Nach einer kleinen Pause startet die Band ihre Zugabe, und mit "Betrunken" geht das Konzert friedlich und freundlich zu Ende.