Seit 45 Jahren steht Ilsebyll Beutel-Spöri mit Frau Holle oder dem dicken fetten Pfannkuchen auf der Bühne. Foto: Gottfried Stoppel

Die Puppenspielerin Ilsebyll Beutel-Spöri hört nach 45 Jahren und exakt 3688 Vorstellungen auf. Für ihre Puppen allerdings – die Frau Holle etwa oder den dicken, fetten Pfannkuchen – wird das Bühnenleben in anderen Künstlerhänden weitergehen.

Rudersberg - Mit Frau Holle wird es enden. Am 20. Dezember wird Ilsebyll Beutel-Spöri das Märchen in einem Schorndorfer Kindergarten aufführen, wird die Geschichte von Goldmarie und Pechmarie erzählen und die geheimnisvolle Frau Holle noch einmal die Betten schütteln lassen. Und dann wird sie ihre Puppen und Requisiten ein letztes Mal verstauen.

„Ich habe mir gesagt, dass ich mit 70 Jahren nicht mehr spielen möchte. Ich möchte rechtzeitig aufhören, bevor die Qualität nachlässt“, sagt die 69-Jährige aus Rudersberg-Asperglen. Denn auch wenn ihr die Freude daran, Material zum Leben zu erwecken, nie abhandengekommen ist – langsam macht sich das Alter bemerkbar. „Die Auftritte kosten viel Energie“, sagt die gebürtige Stuttgarterin. Und deswegen soll zum Jahresende Schluss sein mit ihrem Puppentheater Kleines Spectaculum.

Fünf Stücke gehen an andere Figurentheater

Zumindest für Ilsebyll Beutel-Spöri. Für viele ihrer Puppen geht die Arbeit weiter. „Fünf Stücke habe ich Kollegen gegeben“, sagt sie. Frau Holle wird in Zukunft in Lübeck auftreten, der dicke, fette Pfannkuchen in Mannheim aus der Pfanne hüpfen. „Es sind alles Bühnen, die auch reisen. Wer weiß, vielleicht kommen die Stücke ja auch mal wieder in den Rems-Murr-Kreis“, sagt sie. Wobei diese dann sicherlich anders sein werden, „aber ich finde es gut, wenn sich Kollegen eine eigene Fassung überlegen“, sagt Ilsebyll Beutel-Spöri.

Im Jahr 1973 hat sie sich als Puppenspielerin selbstständig gemacht. Die Faszination für das Figurentheater begleitet sie schon viel länger. „Mein erstes Theatererlebnis war das ‚Rumpelstilzchen‘, gespielt mit tollen Figuren. Das Rumpelstilzchen konnte sich am Schluss in der Luft zerreißen – so etwas bekommt man nur mit Puppen hin“, sagt sie, die bereits als Jugendliche in einem Figurentheater mitgearbeitet hat und sich damit Geld für Schauspiel- und Sprechunterricht verdient hat.

Insgesamt hat sie 24 Stücke inszeniert

Schließlich lernte sie Erzieherin und ging dann doch nach kurzer Zeit bei einem Puppenspieler in Norddeutschland in die Lehre. „Eine geregelte Ausbildung gab es damals noch nicht“, sagt Ilsebyll Beutel-Spöri, die sich zusammen mit anderen Stuttgarter Puppenspielern dafür eingesetzt und schließlich erreicht hat, dass es inzwischen einen Studiengang Figurentheater an der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst gibt.

Ihr erstes Stück für Kinder war „Ein Löffel für das Krokodil“, viele weitere Eigenproduktionen folgten. „Ich habe mich zunächst vor allem an Kinderbüchern orientiert, erst später dann an Märchen“, sagt sie. Ihr Mann Kurt Spöri hat 14 der insgesamt 24 eigenen Stücke mit seinen Bühnenbildern bereichert, bei neun Inszenierungen war er auch als Figurenbauer tätig. Ilsebyll Beutel-Spöri hat nur eine einzige Figur gebaut: die alte Dame Anna Aspergler, die nahezu so groß ist wie sie selbst.

Der dicke, fette Pfannkuchen ist ein Publikumsliebling

Insgesamt hat Ilsebyll Beutel-Spöri 3688 Vorstellungen vor etwa 360 000 Zuschauern gegeben. „Am Anfang war es schon mühsam, bis man sich einen Namen gemacht hat“, erzählt sie. Am Schluss war es dagegen kaum ein Problem, den Kalender mit Terminen zu füllen. 500 feste Kunden hat sie darüber informiert, dass sie die Puppenspielerei an den Nagel hängt, darunter viele Schulen und Kindergärten. „Früher war ich hier das einzige ansprechende Kindertheater. Inzwischen kann ich viele sehr gute Kollegen weiterempfehlen“, sagt Ilsebyll Beutel-Spöri, die sich über diese Entwicklung freut. Mit am häufigsten aufgeführt hat sie die Geschichte vom dicken, fetten Pfannkuchen, die seit 26 Jahren im Programm ist. „Ich wollte das Stück immer wieder absetzen, auch um Platz zu haben für Neues“, sagt sie. Aber auf Nachfrage habe sie es doch weiter gespielt.

Das Publikum wird ihr fehlen – und das Reisen

Was ihr wohl fehlen wird? „Das Publikum. Die Kinder sind trotz der vielen Ablenkungen immer noch fasziniert und ganz offen“, sagt Ilsebyll Beutel-Spöri. Auch die Reisen zu den Spielorten werde sie vermissen. Und das Spielen selbst. „Da kann man ja schon verschiedene Facetten ausleben. Mal sehen, wie ausgeglichen ich dann ohne das Spielen noch bin“, sagt sie und lacht. Aber dabei könnte ihre zweite Leidenschaft behilflich sein: „Das Lachyoga mache ich noch weiter“, erzählt sie.