Rosi Hochegger und ihr Pferd Scout Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Tierdressuren von Dompteurin Rosi Hochegger sind anders, als man es gewohnt ist. Ihr schlafendes Pferd ist Publikumsliebling auf dem Wasen. Anstatt auf erhabene Theatralik setzt sie auf Humor. Nur ihr Pferd Scout schläft dabei regelmäßig im Zirkuszelt ein.

Stuttgart - Scout will einfach nicht so, wie Rosi Hochegger es gern hätte. Zuerst ist die Latte, über die er springen soll, zu hoch, dann zögert er seinen Absprung durch Dehnübungen hinaus. Nur schlafen legen, das kann sich der 18-jährige dänische Knabstrupper.

Was in der Manege so leicht und lustig rüberkommt, ist in Wahrheit lange Übungssache. Seit 20 Jahren tritt Rosi Hochegger bereits mit ihrem schlafenden Pferd auf. Die Nummer hat sie von ihrem Vater Toni Hochegger vererbt bekommen. Dieser hatte sich das Kunststück 1976 ausgedacht und in die Zirkusmanegen gebracht.

Das nötige Gespür, das es für die Arbeit mit Tieren bedarf, ist Rosi Hochegger quasi schon in die Wiege gelegt worden. Ihr Vater war für seine Tierdressuren weltberühmt, ihre Mutter war Trapez- und Kopfakrobatin und unterstützte später ihren Mann bei seinen Tiernummern. „Ich wurde dann auch in der Manege des Schweizer Nationalzirkus Charles Knie getauft“, erzählt Hochegger.

Genau dorthin ist sie dieses Jahr zurückgekehrt. Wenn sie hinter den Kulissen des Weltweihnachtscircus auf dem Cannstatter Wasen arbeitet, trägt sie immer noch die dicke Winterjacke vom Zirkus Knie, auf der in gelben Buchstaben Rosy steht. Für sie war es eine besondere Ehre, in dem Zirkus aufzutreten, in dem ihr Vater seine Karriere begonnen hat. „Mein Vater hat die Messlatte ziemlich hoch gelegt. Von daher waren die Erwartungen, die an mich gestellt wurden, sehr hoch. Ich musste mich erst einmal beweisen“, erzählt die 49-Jährige.

Ihre Leistung überzeugt. Anfang des Jahres wurde sie für ihr schlafendes Pferd und ihre Hundenummer beim internationalen Zirkusfestival in Monte Carlo mit dem silbernen Clown ausgezeichnet. Mit ihrem Engagement bei Charles Knie in der Schweiz und nun beim Weltweihnachtscircus hat sie in diesem Jahr alles erreicht, was sie sich immer erträumt hat. „Theoretisch müsste ich jetzt in Rente gehen“, sagt Hochegger in ihrem schelmischen Berliner Dialekt.

Aber das ist reine Theorie. Die Arbeit mit ihren Tieren macht ihr viel zu sehr Spaß. Drei Pferde und zwölf Hunden hat sie auf dem Cannstatter Wasen dabei. Jeden Morgen trainiert sie mit ihnen und bringt ihnen neue Dressuren bei. Einen Unterschied zwischen den beiden Tierarten kann sie dabei nicht erkennen. „Pferde lernen genauso schnell wie Hunde“, sagt sie. Der Einzige, der nicht mehr üben muss, ist Scout. Seine Nummer kann er im Schlaf. Er darf nur für den täglichen Auslauf mit in die Reithalle.

Zwischen Scout und Rosi Hochegger war es vor 17 Jahren Liebe auf den ersten Blick. Bei einer Tournee in Dänemark hat sie den damals neun Monate alten Hengst bei einem Züchter entdeckt. „Ich wollte unbedingt ein getupftes Pferd, weil ich damals als Pipi Langstrumpf aufgetreten bin“, erzählt sie. Bevor sie vor 20 Jahren als Tierdompteurin angefangen hat, ist sie lange Zeit als Stuntreiterin unter anderem bei den Karl-May-Festspielen im Nordrhein-Westfälischen aufgetreten. „Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht der elegante Typ bin“, sagt sie.

Wenn sie mit ihren Hunden auftritt, ist in der Manege ordentlich was los. Bei einer der Vorstellungen auf dem Wasen ist sie dabei über eine der Requisiten gestürzt und hat sich die linke Hand gebrochen. Doch das ist nur ein kleiner Zwischenfall. „Jetzt muss ich die Leine eben in die andere Hand nehmen“, erklärt sie lässig. Im Februar geht es für Rosi Hochegger für vier Wochen auf den elterlichen Hof im Emsland. Danach hat sie ein Engagement beim Cirkus Benneweis Dänemark. Ihre Auftritte beschränkt sie ausschließlich auf Europa, alles andere ist ihr zu aufwendig. „Ich bin ja kein normaler Artist. Für die Tiere wäre das auch sehr anstrengend. Außerdem sind meine Kinder hier“, sagt sie. Ihr Sohn und ihre Tochter kommen für Weihnachten zu ihr auf den Cannstatter Wasen. Auch wenn sie an allen drei Tagen auftreten muss, ist es ihr wichtig, dass sie an den Feiertagen zusammen sind.

Ihr Sohn war bis zum Sommer mit ihr in der Schweiz und hat dort die Zirkusschule von Charles Knie besucht. Ihre Tochter geht bereits aufs Gymnasium. Deswegen ist es Rosi Hochegger wichtig, sie so oft wie möglich zu sehen. Sie hofft darauf, dass ihre Kinder eines Tages die Bettpferd-Nummer in die nächste Generation tragen.

Der Weltweihnachtscircus gastiert noch bis zum 6. Januar auf dem Wasen. Karten unter Telefon 0711 / 6 74 47 70.

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