Die Polizei bittet um Mithilfe aus der Bevölkerung (Symbolbild). Foto: dpa/Julian Buchner

Vier Männer flüchten aus dem geschlossenen Teil einer Psychiatrie im Kreis Heilbronn, drei davon verurteilte Straftäter. Die Polizei sucht nach den als gefährlich geltenden Flüchtigen, deren Ausbruch auch den Landtag beschäftigen wird.

Weinsberg - Es ist kurz vor 22 Uhr, als vier Männern am Mittwochabend die Flucht aus der geschlossenen Station des Klinikums am Weissenhof gelingt. Nach Polizeiangaben gelten sie als gefährlich, drei von ihnen sind rechtskräftig verurteilte Straftäter. „Wenn sie gesehen werden, sollten sich die Menschen nicht in unnötige Gefahr begeben, sondern die Polizei rufen“, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstagnachmittag. Trotz Öffentlichkeitsfahndung, Einsatz eines Hubschraubers und zahlreichen Polizisten vor Ort fehlte bis zu diesem Zeitpunkt von den vier Flüchtigen aber jede Spur.

Update: Mittlerweile wurde einer der Männer gefasst

Wie die Männer aus der Psychiatrie in Weinsberg (Landkreis Heilbronn) fliehen konnten, bleibt zunächst ebenso unklar wie die Frage, weshalb sie dort im Maßregelvollzug untergebracht waren. Man habe nach der Flucht „sofort“ und „unverzüglich die Polizei eingeschaltet“, teilte das Klinikum lediglich mit. Es würden „intensive Ermittlungen“ zu den Details der Flucht geführt. Weitere Angaben wollte ein Sprecher des Klinikums zunächst unter Verweis auf die Ermittlungen nicht machen.

Patienten flüchten immer wieder aus Psychiatrien

Beim Maßregelvollzug geht es nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Stuttgart um die Unterbringung psychisch kranker oder suchtkranker Straftäter. Ziel ist der Schutz der Bevölkerung und eine Therapie der Patienten. Bei drei der vier nun geflüchteten Männer habe aber ein Abbruch der Therapie bevorgestanden, teilte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag mit.

Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) hatte in der Vergangenheit gefordert, Straftäter in diesem Fall möglichst schnell in Gefängnissen unterzubringen: „Solche Delinquenten sind im Maßregelvollzug schwer zu handhaben“, sagte er nach dem Ausbruch mehrerer Straftäter aus einer Klinik in Calw im April 2019.

Nach Angaben des Ministeriums beschäftigt sich deshalb eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern mit einer Änderung des betreffenden Paragrafen im Strafgesetzbuch. „Ihre Arbeit steht kurz vor dem Abschluss“, sagte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag.

Patienten flüchten immer wieder aus Psychiatrien. Im vergangenen Jahr gab es in Baden-Württemberg nach Angaben des Gesundheitsministeriums 47 solcher Fälle, bei 1252 Patienten landesweit sei das ein Anteil unter 4 Prozent. In den geschlossenen Bereichen aller Kliniken im Südwesten prüften Sicherheitsbeauftragte die Vorkehrungen gegen Fluchtversuche regelmäßig, von dort sei 2020 niemand geflohen.

Die Polizei bittet um Mithilfe aus der Bevölkerung

SPD und FDP wollen das Thema aber noch einmal im Landtag behandeln. Man habe beantragt, dass sich der Sozialausschuss am Mittwoch mit dem Vorfall befasse, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung. Minister Lucha müsse erklären, wie es zu der Flucht kommen konnte, sagte SPD-Abgeordneter Florian Wahl. Man wolle von Lucha wissen, „mit welchen konkreten Maßnahmen er dafür Sorge trägt, dass sich ein solcher Fall im Land nicht wiederholen kann“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Jochen Haußmann.

Von den vier Männern aus der Psychiatrie in Weinsberg fehlte zunächst noch jede Spur. Es gebe zwar keine konkreten Hinweise darauf, dass die Flüchtigen bewaffnet seien, sagte ein Polizeisprecher. „Aber ausschließen können wir es natürlich nicht.“ Wer in der Region Heilbronn mit dem Auto unterwegs sei, solle deshalb keine Anhalter mitnehmen.

Hinweise aus der Bevölkerung zu den Flüchtigen im Alter von 24 bis 37 Jahren nahm die Polizei unter einer Telefonnummer des zuständigen Präsidiums entgegen. Das Landeskriminalamt veröffentlichte Fotos, Namen und Beschreibungen der Männer im Internet. Zwar seien dazu auch Hinweise eingegangen, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstagnachmittag. „Es liegen aber keine Hinweise vor, wo sich die Männer momentan aufhalten könnten.“