Das geplante Hochhaus Cloud No. 7 im Europaviertel: Den Hotelgästen und Bewohnern sollen sich dort traumhafte Ausblicke eröffnen. Foto: Schwäbische Wohnungs AG/tec architectur

Der Projektentwickler Tobias Fischer plant ein Hochhaus der Luxusklasse, wie es Stuttgart bisher nicht kannte: mit First-Class-Hotel und sündhaft teuren Eigentumswohnungen. Vorfinanzieren soll es der Mittelstand.

Stuttgart - Der Mann sieht aus, als wäre er einem Fernsehfilm entsprungen, in dem es um riesige Immobiliengeschäfte und illustre Kunden geht: groß, braun gebrannt, halblanges Haar, Dreitagebart, Anzug und offener Hemdkragen. Tobias Fischer (52) ist zwar keine Filmfigur. Am großen Rad dreht er in Stuttgart aber schon. Heute will der Chef der Schwäbischen Wohnungs AG und ihrer Tochter Cloud No. 7 GmbH an der Börse Stuttgart eine Anleihe platzieren.

Mittelständische Geldgeber sollen ihm bis zu 35 Millionen Euro bereitstellen für den Bau des Hochhauses Cloud No. 7, zu Deutsch: Wolke Nummer 7. Es soll 18 Obergeschosse haben und das Baufeld Nummer 7 im Europaviertel um 61 Meter überragen. Mit einem First-Class-Hotel, das die Steigenberger-Gruppe 20 Jahre pachtet. Und mit 58 Wohnungen, die in Stuttgart ein neues Kapitel im Immobiliengeschäft bedeuten. Die Kosten sind mit 80 Millionen Euro kalkuliert. Erhoffter Verkehrswert nach der Fertigstellung : mindestens 91 Millionen.

Luxus für das Stuttgarter Geld

Unter 7000 Euro pro Quadratmeter soll keine der Wohnungen kosten. Ganz oben im Hochhaus wird die Luft selbst für manche Menschen dünn werden, die bisher glaubten, sie seien reich. Für die beiden maisonetteartigen Penthousewohnungen will Fischer bis zu 14 000 Euro pro Quadratmeter kassieren. Bei Flächen von je 500 Quadratmetern bedeutet dies jeweils sieben Millionen Euro. „Da ist aber auch jede Wohnung mit zwei Villen gleichzusetzen.“ Eine Anfrage dafür liege ihm bereits vor, beteuert Fischer. Und auch von der Zugkraft der anderen Objekte ist er überzeugt. In den zwei Wochen nach dem Vermarktungsstart hätten sich insgesamt 25 Interessenten gemeldet.

Ihnen schwärmt Fischer von einem unvergleichlichen Blick vor. Man könne Vegetation und Schneefall an den Rändern der Stadt beobachten, aber mittendrin sein in Stuttgart. Und wohlbehütet. Wer auf der Wolke 7 schwebe, wirbt Fischer, werde mit einer Sicherheitsschranke im Eingangsbereich geschützt und daheim alle Annehmlichkeiten haben. Wer das Haus verlässt, verschwinde unter den vielen Passanten sozusagen in der Anonymität.

Aber gibt es für so viel Luxus und die geplanten Serviceangebote in Stuttgart überhaupt eine Zielgruppe? Zweifel daran wischt Fischer beiseite. Er spekuliert nicht nur auf internationale Kunden (einen asiatischen Geschäftsmann wähnt er schon an der Angel). „Es gibt auch hier bei uns unglaublich viel Geld. Was sollen die Leute damit machen? Mit ins Grab nehmen?“, sagt Fischer sich. In Kitzbühel seien diese betuchten Stuttgarter anzutreffen. Man könne sie auch für den Kauf in ihrer Heimat gewinnen, wenn das Angebot so einzigartig sei wie bei den 28 Luxuswohnungen unter den 58 Objekten. Dieses Angebot komme seiner konservativen Kundschaft, dem Stuttgarter Geld, entgegen. Und falls sie anfangs zögern sollte, gebe es im Umland bis hin nach Pforzheim schnell aktivierbares Potenzial. Auch für 25 Business-Apartments ab 40 Quadratmetern spekuliert Fischer auf große Nachfrage von Anlegern und Mietern. Weltfirmen wie Daimler, Porsche und Bosch müssten oft genug Mitarbeiter vorübergehend standesgemäß unterbringen. Auch zahlungskräftige ausländische Patienten des Klinikums kommen ins Spiel.

Anleihe mit vielen Risiken

Der Plan basiert darauf, dass 2013 mindestens ein Fünftel der Wohnungen verkauft wird, bis Ende 2014 schon 45 Prozent. Doch er glaubt, diese Marge 2013 zu erreichen.

Offensiv kalkuliert er auch bei der Geldbeschaffung. Erstrangige Sicherheit, sechs Prozent Verzinsung, eine Zurückzahlung spätestens nach vier Jahren, vielleicht nach zweieinhalb Jahren: Da müsste es doch mit dem Teufel zugehen, so Fischers Kalkül, wenn die Anleihe nicht zünden würde.

Niels Nauhauser, Geldgeschäfte-Experte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, rät aber grundsätzlich, gründlich zu prüfen. Die hier aufgelegte Anleihe ist ihm zwar noch lieber als andere Finanzierungsvarianten wie geschlossene Immobilienfonds. Hohe Renditeversprechen sprächen aber immer für hohes Risiko. Eine lange Liste aller erdenklichen Risiken – etwa Insolvenz der Bauherrin, Wegfall der erhofften Erlöse oder Totalverlust der Anlage – ist pflichtgemäß und routinemäßig auch im 173-seitigen Wertpapierprospekt aufgeführt. Nur wer den Prospekt komplett gelesen und verstanden habe, solle an ein Engagement denken, empfiehlt Nauhauser.

„Was ist im Leben schon ganz ohne Risiko?“, fragt der Projektentwickler. Er verteidigt sein Angebot. Warum er Anlegern sechs Prozent verspricht und nicht günstigeres Bankgeld einsetzt? Nun, sagt Fischer, so könne er den Baustart beschleunigen und noch im Sommer 2013 loslegen. Eigenes Geld der Firma und Eigenleistungen sollen für rund 20 Prozent Eigenkapital sorgen, sagt er. Die Lücke bis zu den Gesamtkosten von 80 Millionen Euro werde durch den Abverkauf von Wohnungen geschlossen.

2016 soll das Hotel eröffnen

Das Hotel mit 170 Zimmern und fünf Luxusapartments für längere Aufenthalte dürfte wohl länger im Bestand bleiben. Im vierten Betriebsjahr soll es eine Jahrespacht von 2,2 Millionen Euro abwerfen. Bewusst entschied sich Fischer gegen eine Betreibergesellschaft: „Wir wollen bei der Ausstattung mitreden, ein designorientiertes Hotel anbieten, aber ich will nicht Hotelier mit Personal werden.“ Auch das sprach für die Steigenberger AG. Jetzt will Fischer endlich loslegen. Im August rechnet er mit der Genehmigung des Bauantrags. Spätestens im Frühjahr 2016 möchte Steigenberger eröffnen. Dann ist der Immobilienmann Fischer – Sohn eines Zahnärzte-Ehepaars aus einer früheren Pyrotechniker-Dynastie in Brackenheim – am Ziel. Nach fast sechs Jahren.

Angefangen hatte es mit dem Auftrag eines Hamburger Investors, ein Grundstück zu suchen. Fischer marschierte zur Bahn AG. Nach vier Monaten, sagt er, hatte er den Zuschlag für das 10,6 Millionen Euro teure Gelände. In Miami (Florida) entdeckte Fischer zufällig ein Haus, das zum Vorbild wurde. So entstand sein eigenes Projekt. Von Beginn an bis heute, sagt er, habe er daran geglaubt. Er sei eben, obwohl in 30 Berufsjahren vorsichtiger geworden, immer noch Optimist. Immobilienspekulant? Nein, so sehe er sich wirklich nicht, sagt Fischer.