In den Hauptschulen haben die Abschlussprüfungen begonnen. Foto: Max Kovalenko

Für Hauptschüler haben die Prüfungen begonnen – Wenige machen im Anschluss eine Ausbildung.

Stuttgart - Die 15-jährige Ana Maria Strok spürt nach 135 Minuten immer noch ein wenig Bauchkribbeln. Als eine von 47 Schülern hat sie gerade die schriftliche Deutschprüfung an der Jörg-Ratgeb-Schule hinter sich gebracht, es ging um ehrenamtliches Engagement. „Die Prüfung war einfach, und ich war gut vorbereitet“, sagt die Hauptschülerin zufrieden. Vor der Mathe-Prüfung hat sie mehr Angst – wie auch vor der Zukunft. Und das, obwohl sie ganz genaue Vorstellungen hat: Sie will noch ein Jahr Werkrealschule im gleichen Haus dranhängen, und damit einen mittleren Abschluss machen. „Dann möchte ich Industriekauffrau lernen, am liebsten bei Mercedes-Benz“, strahlt die Schülerin.

 

Einen ähnlichen schulischen Werdegang streben auch die meisten ihrer Kameraden an, weiß Markus Dölker. Er ist seit drei Jahren Leiter der Werkrealschule in Neugereut, die auch die Hauptschule beinhaltet. Zum jetzigen Zeitpunkt weiß er von mehr als der Hälfte der Schüler, dass sie die Werkrealschule besuchen wollen, um nach der zehnten Klasse einen besseren Abschluss vorweisen zu können. Beim Hauptschulabschluss belassen dürften es nur die wenigsten, wahrscheinlich sind es nur eine Handvoll.

„Manche Jugendliche sind nun mal eher handwerklich begabt“

Diese Entwicklung sieht Dölker mit gemischten Gefühlen. Er wirbt dafür, dass jedem Schüler seine persönlichen Stärken bewusst gemacht werden. „Manche Jugendliche sind nun mal eher handwerklich begabt“, sagt er. „Außerdem gibt es ja auch in der Ausbildung noch Wege zur mittleren Reife.“ Für diejenigen, die sich um einen Ausbildungsplatz beworben haben, vermittelt die Schule Bewerbungstrainings mit einem „Berufsknigge“. Es geht darum, höflich und pünktlich sein – wichtige Voraussetzungen im Berufsleben. Bei manchen scheitere die Bewerbung schon daran, dass sie nicht zum Vorstellungsgespräch erscheinen, klagt der Schulleiter.

„Wir wollen einfach, dass keiner durchs Netz fällt“, sagt Dölker. Auch als Hauptschüler habe man derzeit gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Voraussetzung sei: Seine Stärken darzustellen und zugleich seine Schwächen zu kennen. Ein wenig Selbstbewusstsein gehört freilich auch dazu. Selbstverständlich ist das nicht. „Die Schüler wissen halt, dass sie die dritte Schulart sind.“