Am Landgericht muss sich ein Ehepaar wegen Steuerbetrugs im großen Stil verantworten. Foto: dpa

Die früheren Inhaber einer Speditionsfirma sollen in den Jahren zwischen 2003 und 2007 zwei Millionen Euro mit Tricks am Fiskus vorbeigeschleust haben. Jetzt müssen sie sich vor Gericht verantworten.

Stuttgart - Als ihr Geständnis verlesen wird, ist es vorbei mit der Fassung der 64-Jährigen. Die Tränen fließen. Gerade erst hat ihr 73 Jahre alter Ehemann durch seinen Anwalt erklären lassen: „Die in der Anklage erhobenen Vorwürfe treffen in vollem Umfang zu.“ Demnach haben der frühere Geschäftsführer einer Stuttgarter Speditionsfirma und seine mit der Buchhaltung betraute Frau von 2003 bis 2007 gezielt sein Geld am Fiskus vorbeigeschleust, und zwar nicht zu knapp.

Die Staatsanwältin kommt auf rund zwei Millionen Euro an Körperschaft-, Gewerbe-, Umsatz- und Einkommensteuer, die zu wenig an die Finanzämter in Stuttgart und Leonberg gezahlt worden seien. Sie spricht vor der 13. Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts von „besonders schweren Fällen“. Die beiden damaligen Inhaber der Speditionsfirma hätten ihr Gewinnstreben ausgelebt. So hätten sie sich das Geld eines wichtigen Kunden immer nur in Verrechnungsschecks auszahlen lassen und diese dann auf private Konten eingezahlt. Bei einer anderen Firma hätten sie das Geld zwar noch ein-, später dann jedoch wieder ausgebucht. Zur Erklärung hätten sie die Ausbuchungen als „Doppelzahlungen“ deklariert. Die entsprechenden Einnahmen seien dann weder als Umsätze der Firma noch als Einnahmen in ihrer privaten Einkommensteuererklärung aufgetaucht.

Vorsitzender sieht Höhe des Schadens noch nicht geklärt

Bevor es zur Sache geht, ringt einer der beiden Anwälte des Spediteurs im Ruhestand um Verständigungsgespräche mit Kammer und Staatsanwaltschaft. Ob man sich mal über den weiteren Ablauf des Verfahrens unterhalten könne, möchte er wissen. Ein Geständnis wäre ja vielleicht denkbar. Am liebsten würde er hinter geschlossenen Türen verhandeln.

Der Vorsitzender Richter Frank Maurer antwortet, grundsätzlich sei nichts gegen Gespräche einzuwenden, aber: „Wir werden Ihnen keinen Korridor nennen können.“ Letztlich hänge das Strafmaß stark von der Höhe des entstandenen Schadens ab, und dieser stehe nach seiner Einschätzung noch nicht fest. Ein Geständnis sei aber in jedem Fall ein positiver Punkt bei der Strafzumessung. Je früher es abgelegt werde, desto gewichtiger sei es.

Angeklagter nennt Sorgen ums Geschäft als Motiv

Schließlich räumen beide per Erklärung die Steuerhinterziehung ein. Er übernehme die Verantwortung und bekenne sich zu seinem Fehlverhalten, sagt der 73-Jährige, der die Firma nach einem Herzinfarkt vor rund zwei Jahren in die Hände seines Sohnes übergeben hat. Er wisse nicht mehr, wer zuerst die Idee gehabt habe, die Zahlungen nicht in der Buchhaltung auftauchen zu lassen. Er habe sein Lebenswerk wegen der großen Konkurrenz zunehmend in Gefahr gesehen und retten wollen. Das solle sein Tun nicht entschuldigen, nur vielleicht nachvollziehbarer machen.

Inzwischen habe er einen großen Teil seiner Steuerschuld beglichen, macht sein Anwalt deutlich. Das Geschäft hat laut Staatsanwältin im Jahr 2007 gut zwölf Millionen Euro Umsatz gemacht, das Einkommen des Paars in dem Jahr lag den Angaben zufolge bei mehr als 838 000 Euro.

Die 64-jährige Ehefrau, die sich heute um die beiden Enkelkinder kümmert, erklärt, sie bereue die Taten sehr. Als die Tränen fließen, sagt Maurer fürsorglich: „Sie dürfen sich auch ein Taschentuch nehmen.“ Der Prozess soll am Dienstag, 14. März, um 9.30 Uhr fortgesetzt werden.