Nach der Anzeige eines Opfers entnahm die Polizei eine Speichelprobe, die den Mann als Serientäter belastete Foto: dpa

In Tübingen steht ein 21-jähriger mutmaßlicher Sexserientäter vor dem Landgericht, zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Tübingen - Als ob ihn das Ganze nichts angeht, schaut der Gambier an die Decke, er mustert die Holztäfelung im Tübinger Landgericht. Der 21-Jährige mit den kurzen Rastasträhnen, dessen Alter alles andere als gesichert ist, wirkt teilnahmslos, er kaut verlegen auf der Unterlippe. Es ist der Auftakt eines Prozess vor der Großen Jugendkammer, in dessen Vorfeld viel darüber gestritten wurde, ob Tübingen nach den Taten eines Seriensexualstraftäters noch eine sichere Stadt ist. Groß war die Unsicherheit in jenen Tagen, es wurden Ängste geschürt und populistisch hochgespielt, nicht zuletzt vom grünen Oberbürgermeister Boris Palmer.

Der Asylbewerber soll zwischen Mai 2015 und Februar 2017 zwei Frauen vergewaltigt haben, in zwei weiteren Fällen wird ihm versuchte Vergewaltigung vorgeworfen. Die Liste der Taten ist lang, die Staatsanwältin geht bei der Verlesung der Anklageschrift ins Detail. Der Gambier, der wohl eine Lehrstelle hatte und Vater eines kleinen Kindes ist, sitzt seit seiner Verhaftung im Juli 2017 in Untersuchungshaft. Auf die Spur gekommen waren ihm die Ermittler durch eine Anzeige des vierten Opfers. Die Polizei hatte daraufhin eine Speichelprobe genommen, die den Mann als Serientäter belastete.

Der Gambier lebt seit 2014 in Deutschland und ist mindestens 21 Jahre alt. Laut der Staatsanwaltschaft ist es möglich, dass er juristisch als Heranwachsender betrachtet werden muss und zum Zeitpunkt von drei Straftaten minderjährig war. Teile der Aussagen fanden auf Antrag der Verteidigung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die 33-jährige Frau wehrte sich gegen den Angreifer, bis er von ihr abließ

In den Morgenstunden des 1. Mai 2015 soll er in der Tübinger Innenstadt eine 33-Jährige angesprochen haben, die auf dem Heimweg war. Die angetrunkene Frau ließ sich auf die Begleitung ein. Zu Hause angekommen, habe der Tatverdächtige sie bedrängt, mit ihm zu schlafen. Die Frau wehrte sich dagegen, sie habe den Angreifer geschlagen und ihn am Hals gewürgt, bis er schließlich von ihr abließ und die Wohnung verließ, erläuterte die Staatsanwältin.

Nur wenige Wochen später, am 24. Mai, soll sich der Gambier ein weiteres Opfer gesucht haben. Laut Anklage sprach er in der Wilhelmstraße eine ebenfalls 33-jährige Frau an. „Er griff sie an, zerrte sie ins Gebüsch und hielt ihr den Mund zu“, berichtete die Staatsanwältin. In ihrer Not habe die Frau den Täter in die Hand gebissen. „Er würgte sie fast bis zur Bewusstlosigkeit“, führte die Staatsanwältin fort. Sie sei entkleidet und vergewaltigt worden.

Vom 11. Oktober 2015 datiert die nächste Tat. Im Botanischen Garten soll der Angeklagte eine 22-Jährige ins Gebüsch gezerrt haben. Sie entging nur deshalb einer Vergewaltigung, weil Passanten ihr zu Hilfe kamen.

Des Weiteren geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Gambier am 24. Februar 2017 eine 34-jährige Frau in das Zimmer seiner Asylbewerberunterkunft gelockt habe. Er habe der behinderten Frau, die unter Betreuung steht, etwas kochen wollen. Doch dazu kam es nie. „Er verlangte Oralverkehr, sie lehnte ab“, so die Staatsanwältin, daraufhin habe er sie entkleidet und vergewaltigt. Der Prozess, für den acht weitere Verhandlungstage angesetzt sind, wird am 9. Februar fortgesetzt.