Bei dem Brand war es zu massiver Rauch- und Hitzeentwicklung gekommen. Foto: dpa/Simon Adomat

Der Prozess zur Marbacher Brandnacht ist in die nächste Runde gegangen. Am Freitag haben Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei ausgesagt.

Marbach - Einen Einsatz wie diesen erlebt man nicht alle Tage. Darin waren sich am Freitag beim dritten Verhandlungstag zur Marbacher Brandnacht am Heilbronner Landgericht acht Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei einig, die im Zeugenstand noch einmal die Geschehnisse Revue passieren ließen. Nur knapp entkamen in der Nacht zum 3. Oktober in der Altstadt mehrere Menschen den Flammen, nachdem ein 42-Jähriger an gleich drei Orten Feuer gelegt hatte. Mit einem Fünf-Liter-Kanister Benzin, den er sich bei einer Tankstelle besorgt hatte, zündete er zunächst seine Wohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses in der Niklastorstraße an. Später warf er noch zwei selbst gebastelte Molotowcocktails gegen die Eingangstür der Stadtkirche und die Tür des Polizeireviers. Vorgeworfen wird dem Mann, der die Taten am ersten Prozesstag zugegeben hat, nun versuchter Mord und Brandstiftung.„Ich habe schon einiges erlebt, aber so etwas Dramatisches noch nicht – und ich bin seit mehr als 20 Jahren bei der Polizei in Marbach“, erklärte der 47-jährige Polizeikommissar, der in der Oktober-Nacht die Einsatzleitung innehatte. „Die Lage war anfangs sehr chaotisch“, sagte er weiter. „Es hat Lebensgefahr bestanden“, bestätigte der 46-jährige Feuerwehrmann, der den Einsatz vor Ort leitete. „Die zwei Personen im zweiten Stock wären über das Treppenhaus nicht mehr rausgekommen.“ Dieser Einschätzung schlossen sich seine drei Kameraden – darunter der Marbacher Feuerwehr-Kommandant – an. Zu viel Rauch sei im Treppenhaus gewesen, der Kohlenstoffmonoxid-Gehalt in der Luft viel zu hoch. So auch im Nachbargebäude. „Auch hier haben wir zu hohe Werte festgestellt, weshalb wir das Gebäude ebenfalls haben räumen lassen“, so der Feuerwehr-Einsatzleiter. Aus seiner Sicht sei zudem das Haus auf der anderen Seite gefährdet gewesen. Denn: „Uns war relativ zügig klar, dass es Brandstiftung sein musste. Da war eine massive und nicht normale Hitzeentwicklung“, erklärte er. „So etwas habe ich in meinen zehn Jahren bei der Polizei noch nicht erlebt. Auch nicht die Funksprüche. Als über Funk kam, dass das Polizeirevier mit einem Molotowcocktail angegriffen wird, habe ich anfangs gedacht, ich habe mich verhört“, erklärte ein 33-jähriger Polizeioberkommissar, der daraufhin sofort nach Marbach eilte und später die Holdergassen nach weiteren Glutnestern absuchte.

Es hat Lebensgefahr bestanden für zwei Bewohner im Dachgeschoss

Polizist zu Funkspruch: „Dachte anfangs, ich habe mich verhört“

Aus den teilweise wirren Aussagen des Angeklagten war an Verhandlungstag eins hervorgegangen, dass er aus Unzufriedenheit auf „das System“ gehandelt habe und die Ansichten der Reichsbürger für schlüssig halte. Zu klären ist nun, ob der Angeklagte tatsächlich aus Hass auf das System gehandelt hat oder psychisch krank ist. Auf die 37-jährige Polizeikommissarin, die am Morgen nach den Anschlägen die Belehrung durchgeführt hat, hatte der Angeklagte „apathisch, abwesend“ gewirkt. „Er hat nichts gesprochen und die Aussage verweigert, aber er hat alles geduldet. Ich hatte das Gefühl, dass irgendwas mit ihm nicht stimmt“, sagte sie.